Archäologie

Verschollene Tote

Wo liegt Kleopatras Grab?

Nach dem Tod der Kleopatra lässt Octavian die tote Königin Ägyptens in allen Ehren und nach ägyptischer Sitte bestatten – gemeinsam mit ihren Geliebten Antonius. Der römische Geschichtsschreiber Suetonius schreibt: „Er gab beiden die Ehre einer Bestattung im selben Grab und gab den Befehl, dass ihr schon begonnenes Mausoleum vollendet werden sollte.“

Kleopatra und ANtonius
Kleopatra und Antonius sollen gemeinsam bestattet worden sein – aber wo liegt ihr Grab? © historisch/ Paul Getty Museum Los Angeles

Im Meer versunken?

Doch wo stand dieses Mausoleum? Über diese Frage rätseln Archäologen und Historiker seit Jahrhunderten – und darin fügt sich Kleopatra nahtlos in die Reihe ihrer Vorfahren ein. Denn bisher ist kein einziges Grab eines Angehörigen der Ptolemäer-Dynastie gefunden worden – ebenso wenig wie die Überreste von Alexander dem Großen, der der Überlieferung nach von Ptolemaios I., nach Alexandria gebracht worden sein sollen.

Einige Forscher vermuten, dass die Grabstätte Kleopatras und Antonius auf dem einstigen Palastgelände von Alexandria lag. Doch dieses versank wie ein Großteil der Stadt schon vor mehr als 1.500 Jahren in den Fluten. In den 1990er Jahre suchte der Unterwasser-Archäologe Franck Goddio nach den Spuren des versunkenen Palasts und wurde in Teilen fündig: Er und sein Team stießen sieben Meter unter der Wasseroberfläche auf Säulen und Steinblöcke von Bauten sowie auf Statuen, Amphoren und weitere Relikte aus ptolemäischer Zeit. Aber das Mausoleum der Kleopatra fanden sie nicht.

Ein Osiris-Tempel am Meer

Inzwischen gibt es jedoch eine neue Spur: Die Archäologin Kathleen Martinez ist davon überzeugt, dass Kleopatra und Antonius nicht in Alexandria selbst, sondern im rund 45 Kilometer westlich liegenden Abusir bestattet liegen. Dieser damals als Taposiris Magna – großes Grab des Osisis – bekannte Ort war in der Zeit der Ptolemäer eine belebte Hafenstadt und Standort eines Heiligtums für Isis und Osiris.

Taposiris Magna
Ruinen des Osiris-Tempels in Taposiris Magna. © Koantao / CC-by-sa 3.0

Nach Ansicht von Martinez könnte Taposiris genau deshalb von Kleopatra als letzte Grabstätte ausgewählt worden sein: „Historische Texte, vor allem von arabischen und ägyptischen Schreibern des Mittelalters, sowie Stelen und Papyri, brachten mich dazu, die Schritte von Kleopatra und Antonius bis zum Tempel von Taposiris Magna zu verfolgen“, erklärt die Archäologin. Die aus der Dominikanischen Republik stammende, frühbegabte Seiteneinsteigerin studierte zunächst Jura und praktizierte als Anwältin, bevor sie ihre Leidenschaft Archäologie zum Beruf machte.

Wichtiger Ort für Kleopatra und ihre Zeitgenossen

Schon frühere Ausgrabungen hatten in Taposiris Magna die Reste einer byzantinischen Basilika, Ruinen eines Osiris-Tempels und andere Bauten zutage gefördert. Seit 2002 führt ein Archäologenteam um Martinez, teilweise gemeinsam mit dem ehemaligen ägyptischen Antikenminister Zahi Hawass, Ausgrabungen in diesem Ort durch. Seither hat das Team dort mehr als tausend Artefakte aus der Zeit der Ptolemäer gefunden, darunter Gefäße, Goldschmuck, zerbrochene Büsten und Statuen und einige Münzen mit Kleopatras Konterfei.

Spannend auch: Eine Maske zeigt eine Mann mit auffallend gekerbtem Kinn und Zügen, die den bekannten Büsten von Marcus Antonius ähneln. Martinez wertet dies und die Kleopatra-Münzen als Indiz dafür, dass diese Tempelstadt auch zur Zeit Kleopatras eine hohe Bedeutung hatte. „Sie vielen Abbildungen der Königin, unter anderem als Statuen der Isis, auf Münzen und auf Schriftstelen belegen, dass dies ein für Kleopatra wichtiger Ort war“, so die Archäologin.

Hinzu kommt: Direkt neben dem Tempel entdeckten sie und ihr Team eine griechisch-römische Nekropole mit 27 teils unterirdischen Gräbern. Die in ihnen gefundenen Mumien waren im Tod so ausgerichtet, dass ihre Gesichter zum Tempel hin zeigten. Nach Ansicht von Martinez könnte dies ein Hinweis nicht nur für die Bedeutung des Tempels sein, sondern auch dafür, dass in diesem Areal eine noch höherrangige Person bestattet liegt.

Totenmaske
Eine der in Taposiris Magna gefundenen Totenmasken. © Egyptian Ministry of Tourism and Antiquities

Mumien mit Goldschmuck

Ein weiteres Indiz dafür könnte der hohe Status einiger der in Taposiris bestatteten Toten sein. 2020 stießen Martinez und ihr Team auf weitere 16 teilweise reich geschmückte Mumien in unterirdischen Grabkammern. Die Toten sind in schlechtem Zustand, ein Teil ihrer verzierten Auflagen sowie ihr Schmuck sind aber erhalten geblieben. Zwei dieser Mumien- ein Mann und eine Frau – waren demnach über und über mit Blattgold überzogen.

Der Mann trug einen goldenen Brustschmuck und eine Krone mit vergoldeten Widderhörnern und einer Kobra auf der Stirn. Die Frau war vom Kopf bis zur Brust von einer prachtvoll verzierten Totenmaske bedeckt. Beide Mumien stammen aus der Zeit von Kleopatra und könnten hohe Würdenträger oder Priester ihres Reiches gewesen sein, wie die Archäologen erklären.

Noch gibt es in Taposiris keine eindeutigen Spuren eines Mausoleums oder Grabes der letzten Königin Ägyptens. Martinez wird aber weitersuchen: Als nächsten Schritt wollen sie und ihr Team das Gelände systematisch mit einem Bodenradar durchleuchten. Dies könnte, so die Hoffnung, weitere noch verborgenen Kammern und Gänge aufdecken und vielleicht ja auch die letzten Ruhestätte von Kleopatra.

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In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Auf der Suche nach Kleopatra
Rätsel um Leben und Tod der letzten Pharaonin Ägyptens

Wer war Kleopatra?
Leben im geistigen Zentrum der antiken Welt

Römische Beziehungen
Eine Königin zwischen Strategie und Liebe

Schwert, Gift und eine Schlange
Das tragische Ende von Antonius und Kleopatra

Verschollene Tote
Wo liegt Kleopatras Grab?

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