Wenn man an Biogas denkt, entsteht in unserer Fantasie meist ein romantisch-verklärtes Bild von einem Öko-Bauernhof, mit glücklichen Hühnern, grasenden Kühen und Schweinen, die sich in Schlammpfützen suhlen. Der Mist und die Gülle, die die Tiere Tag für Tag produzieren, wird gesammelt und gärt in einem großen Behälter vor sich hin. Das dabei entstehende Biogas wird anschließend dazu genutzt, Strom oder Wärme zu erzeugen und den Ökolandwirt unabhängig von der öffentlichen Energieversorgung zu machen.
Soweit die Fiktion, die Realität sieht zum Teil ganz anders aus. Biogas hat sein Bauenhof-Image von einst längst abgestreift. Mehr als 1.600 Anlagen sind heute in Deutschland bereits installiert. Damit hat sich nach Angaben des Fachverbandes Biogas die Anzahl der Biogasnutzer in den letzten zehn Jahren verzwölffacht. Auch die Leistungsfähigkeit der Biogastechnologie ist in letzter Zeit immer weiter gestiegen. Im Durchschnitt versorgt eine Biogasanlage mittlerweile 144 Haushalte mit Strom.
Längst ist auch Rinder- oder Schweinegülle längst nicht mehr das einzige Maß aller Dinge in Sachen Biogas. Maissilage, Backabfälle, Altfett oder Melasse: alle diese organischen Substanzen werden heutzutage ebenfalls zur Biogasproduktion benutzt. Noch in diesem Jahr soll sogar eine Biogas-Pilotanlage eingeweiht werden, die für mehr als 700 Haushalte Strom aus Speiseresten produziert. 8.000 Tonnen Lebensmittelabfälle aus Krankenhäusern sollen dort vergoren werden.
Um die Ausbeute zu steigern, setzt man häufig bei der Biogasgewinnung sogar mehrere Arten von Biomasse gleichzeitig ein. Bei diesem auch als Kofermentation bezeichneten Prozess wird Rinder- oder Schweinegülle dann beispielsweise mit Maissilage vergoren oder aber auch mit Brotabfällen.
Das Herzstück einer modernen Biogasanlage ist der licht- und luftdicht abgeschlossene Gärbehälter in dem gewaltige Mengen an Mikroorganismen die Gülle und die anderen zugesetzten organischen Stoffe abbauen und dabei Biogas produzieren. Ein Vorgang, der übrigens in ganz ähnlicher Form auch im Verdauungstrakt von Wiederkäuern abläuft. Wichtig für den Gärvorgang ist, dass keine Flüssigkeit und kein Gas aus dem Behälter entweichen kann. Herrscht dann noch eine optimale Temperatur im „Reaktionsraum“ und bleibt das Gemisch lange genug im Behälter – je nach Anlagentyp zwischen 15 und 70 Tagen – steht einer üppigen Gasproduktion durch die Bakterien nichts mehr im Weg.
Stand: 22.10.2002