Die großräumige Wettervorhersage ist schon schwer genug, doch was ist mit den lokalen Wetterereignissen? Noch erfassen die gängigen Modelle weder kleine Wirbelböen noch den örtlichen Platzregen oder das Gewitter über dem Außenbezirk der Stadt. Die Rechenkapazität der Wettercomputer reicht nur für eines von beiden aus: Entweder den globalen Überblick und die großräumige Vorhersage über einige Tage oder aber die genauen und kurzfristigen Geschehnisse in einem kleinen Ausschnitt. Vor die Wahl gestellt, bieten die großen Wetterdienste in der Regel primär die klassischen Großraumvorhersagen an.
Doch auch lokales Wetter kann, abgesehen von der Entscheidung zwischen der Sonntag-nachmittäglichen Radtour oder doch lieber einem Kinobesuch, manchmal von entscheidender Bedeutung sein: 1996 bei den olympischen Spielen in Atlanta meldete der örtliche Wetterdienst ausgerechnet für den Abend der Eröffnungsfeier schwere Regenfälle. Die Veranstalter befürchteten das Schlimmste. Doch ein IBM-Großrechner namens „Deep Thunder“ sorgte für Erleichterung bei allen Beteiligten: Mithilfe eines kleinräumigeren Modells prognostizierte er zwar dicke Gewitterwolken über der Stadt, aber der Pfad der Regengebiete verlief gut 16 Kilometer am Stadion vorbei.
In Deutschland probt der deutsche Wetterdienst zur Zeit ein ähnliches Modell. Der Wettercomputer im brandenburgischen Lindenberg rechnet im Gegensatz zu den „Großraummodellen“ nicht mit abstrakten Landflächen, sondern folgt in seiner Simulation der tatsächlichen Form der Landschaft. Dabei nutzt er ein Gittermodell, das die Realität bis auf 100 Meter genau abbildet. Dadurch ist der Computer in der Lage, auch von der Topographie abhängige Wettergeschehnisse wie Aufwinde an Hängen oder die Verdunstung über Wasserflächen zu berechnen.
In den USA waren die verheerenden Waldbrände im Spätsommer 2000 für die Meteorologen der Anlass, sich zu fragen, ob und wie man solche Brände in Zukunft vorhersagen kann. Am Goddard Space Flight Center der NASA nahm man diese Frage zum Anlass, um ein entsprechend verfeinertes Klimamodell zu entwickeln. „Im Prinzip haben wir das Klima im Cyberspace rekonstruiert“, erklärt der Ozeanograph David Adamec.
Die Simulation im Herzen eines Cray T3E Supercomputers lässt Stürme über die virtuelle Landoberfläche hinweg rasen, erzeugt auf Knopfdruck wolkenbruchartigen Regen oder hochsommerliche Hitzewellen. Mit Milliarden von Rechenoperationen pro Sekunde kann der Großrechner nicht nur die globalen langfristigen Zusammenhänge sondern auch die kurzzeitigen Ereignisse im Modell nachbilden.
Als Testfall für die Zuverlässigkeit des Systems fütterten die NASA-Forscher die Simulation mit den Wetterdaten, die zu der extremen Trockenheit und letztendlich zu den Bränden des Sommers 2000 geführt hatten. Würde der Rechner zu den gleichen Ergebnissen kommen wie die Realität? Das Ergebnis war ermutigend: Die Simulation ergab tatsächlich eine ausgedehnte Trockenperiode während der Sommermonate, und signalisierte optimale Bedingungen für den Ausbruch von Feuern.
Trotzdem steht das Modell erst an Anfang. Adamec erklärt: „Das Modell kann die komplexen Klimaänderungen in der Zukunft noch nicht so genau vorhersagen, das es für konkrete Anhaltspunkte und Handlungsgrundlagen für Regierung oder Behörden reicht. Aber mit den jüngsten Entwicklungen in der Computertechnik und den immer genauer werdenden Beobachtungsdaten der Wettersatelliten machen auf jeden Fall Fortschritte in diese Richtung.“
Stand: 27.01.2001