Cindy Crawford, Julia Roberts und Shirley MacLaine – sie alle schwören auf Vitamin C als Radikalfänger und Anti-Aging-Mittel. Und für viele von uns gehört der Griff zu einer entsprechenden Sprudeltablette bei einer herannahenden Erkältung längst zur Routine. Aber was ist wirklich dran an der immunstärkenden Wirkung des sauren Pulvers?
Für den zweifachen Nobelpreisträger Linus Pauling war die Sache klar. Er proklamierte bereits in den 1970er Jahren die heilsame Wirkung der Ascorbinsäure und empfahl die Einnahme von mindestens 1.000 Milligramm am Tag, um Schnupfen, Alterserscheinungen, aber auch Krebs zu verhindern. Pauling selbst konsumierte im Alter sogar 18 Gramm täglich – und wurde immerhin 93 Jahre alt. In Deutschland wird zurzeit eine Tagesdosis von 100 Milligramm empfohlen, für Schwangere, Stillende oder Sportler 150 Milligramm.
„Aus“ für Vitamin C als Erkältungsmittel
Jetzt allerdings haben finnische und amerikanische Wissenschaftler dem Nobelpreisträger Pauling zumindest in einer Hinsicht klar widersprochen. Gegen Erkältungen hilft das Vitamin C ihrer Erkenntnis nach nämlich nicht – es sei denn es handelt sich um Polarforscher, Marathonläufer oder andere Extremsportler mit hohem körperlichem Stress. Ihre im Sommer 2007 veröffentlichte Meta-Analyse umfasst 30 Studien, an denen insgesamt 11.000 Menschen beteiligt waren.
Und das Ergebnis ist – leider – eindeutig: Auch Dosen von mehr als 200 Milligramm Vitamin C täglich verhindern weder den Beginn einer Erkältung, noch führen sie zu einem kürzeren oder milderen Verlauf der Infektion. „Es macht daher einfach keinen Sinn, 365 Tage im Jahr Vitamin C einzunehmen, nur um das Risiko eines Schnupfens zu verringern“, erklärt Harri Hemilä von der Universität von Helsinki, der sich seit gut 25 Jahren mit dem Vitamin befasst.
Schutz vor freien Radikalen
Aber wenn das Vitamin schon nicht gegen Schnupfen hilft, schützt es dann wenigstens vor Krebs, wie Pauling postulierte? Tatsächlich gibt es inzwischen mehrere Studien, die eine zellschützende Wirkung des Vitamin C im Labor- und Tierversuch belegen. Es reduziert die aggressiven freien Radikale relativ schnell und effektiv zu harmloseren Verbindungen und verhindert damit schwerwiegende Schäden an Zellstrukturen und Chromosomen.
In den USA wurde das Vitamin in den USA deshalb sogar schon bewusst als hochdosiertes Gegenmittel bei Fällen von Verseuchungen mit dem giftigen Radikal Chrom-6, einem krebserregenden Industrieprodukt, eingesetzt. Aber das Ganze funktioniert nicht immer, manchmal treten bei solchen Behandlungen trotz Gegenmittel sogar mehr Fälle von Lungenkrebs auf. Aber warum?
…aber nicht in den Zellen
Den Haken an der Geschichte entdeckten Forscher der amerikanischen Brown Universität erst Anfang 2007: Der positive Effekt gilt offenbar nur, solange das Vitamin außerhalb der Zellen bleibt. Gelangt es ins Zellinnere, kehrt sich seine Wirkung um und die DNA-Schäden durch das Chrom potenzieren sich geradezu.
Bis zu 15 Mal mehr Chromosomenbrüche und zehn mal mehr Mutationen registrierten die erstaunten Wissenschaftler in ihren Laborversuchen an Lungenzell-Kulturen „Selbst scheinbar harmlose Mengen an Chrom wurden dann toxisch“, erklärt Anatoly Zhitkovich, Professor für Medizin an der Brown Universität und Leiter der Studie.
Auch wenn die meisten von uns wohl eher selten mit giftigem Chrom in Berührung kommen, das Ganze zeigt zumindest deutlich: Auch beim Vitamin C ist längst nicht alles so einfach, wie vielfach angenommen.
Stand: 22.02.2008