Das Vogelparadies Neuseeland ist voll von kuriosen Vogelarten mit exotischen Namen: Kakapo, Kiwi, Takahe und Co. Doch wie konnte sich eigentlich gerade auf diesen britischen Antipoden eine so einzigartige Vogelwelt überhaupt entwickeln?
Vor ungefähr 80 bis 100 Millionen Jahren driftete das heutige Neuseeland von dem massigen Superkontinent Gondwanaland weg. Seit dieser frühzeitigen Trennung von allen anderen Landmassen entwickelte sich dort eine einzigartige Tierwelt. Viele Arten sind noch heute endemisch, es gibt sie also ausschließlich auf den neuseeländischen Inseln im Südpazifik. Andere Arten wie zum Beispiel Schlangen fehlen dagegen völlig. Bis auf drei Fledermausarten, die genauso wie Insekten und Raubvögel die abgelegene Inselwelt auf dem Luftweg erreichten, gab es auf Neuseeland vor der Besiedelung durch den Menschen keine weiteren Säugetiere.
Vögel dominierten
Die dichte Vegetation mit ihrer üppigen heimischen Buschlandschaft brachte damals eine schier endlos wirkende Vielfalt an Vögeln hervor. Ein vermutlich sorgenfreies Vogelparadies, in dem für einige Vögel das Fliegen überflüssig wurde. Denn sie hatten keine natürlichen Feinde, vor denen sie davonfliegen mussten. So wurden einige der heimischen Vögel Neuseelands flugunfähig, darunter zum Beispiel der Kakapo oder Eulenpapagei, der Kiwi, die Takahe-Ralle und der straußenähnliche Moa, der bis heute größte Vogel der Welt.
Doch der Moa starb bereits vor rund 400 Jahren aus. Nur wenige Jahrhunderte zuvor erreichten die ersten Menschen, die aus Polynesien stammenden Maoris, das Festland. Auf der Suche nach Nahrung boten die flugunfähigen Vögel eine willkommene und leichte Beute. Und auch das einst dichte Buschland wich nach und nach der Landgewinnung. Es wurde kurzerhand abgefackelt. Miteingeschleppte Ratten plünderten die Eier und töteten den wehrlosen Nachwuchs. Als die ersten Europäer zu Beginn des 19. Jahrhunderts Neuseeland erreichten war der Moa längst ausgerottet.
„Unnatürliche“ Feinde
Mit den Schiffen der ersten weißen Siedler erreichten zahlreiche Nutztiere, wie Schafe, Kaninchen und Rotwild, aber auch Haustiere, wie Hunde oder Katzen das verheißungsvolle „Ende der Welt“. Daneben gab es noch zahlreiche blinde Passagiere: Ungeziefer, Ratten und Pflanzensamen reisten mit. Das Vieh brauchte Weiden und so wurde aus dem dichten Urwald rasch Farmland. Einer solch starken Nutzung war die Vegetation nicht gewappnet und wuchs nur langsam wieder nach. Heute sind nur noch etwa 23 Prozent der Landfläche Neuseelands bewaldet. Davon befindet sich der größte Teil in schwer zugänglichen, gebirgigen Regionen.
Ausgesetzt und verwildert oder unkontrolliert freilaufend – ohne natürliche Feinde und durch das überaus reichhaltige Nahrungsangebot vermehrten sich Neozoen, die „tierischen Neubürger“, fast ungehemmt. Zur Bekämpfung der bereits zur Plage gewordenen Kaninchen und Feldhasen wurden Wiesel und Marder eingeführt. Doch diese vergingen sich lieber an den flugunfähigen und unerschrockenen Vögeln. Australische Possums sollten einst den Aufbau einer einheimischen Pelzindustrie ermöglichen. Jedoch büchsten viele der intelligenten Tiere aus ihren Gehegen aus und wildern heute zu Tausenden durch die Natur. Sie richten einen so großen Schaden an, dass sogar Tierschützer heute der Meinung sind: „Nur ein totes Possum ist ein gutes Possum“.
Stand: 30.09.2003