Ein Drittel der Erwachsenen in Deutschland, so die Schätzungen von Experten, werden von chronischen oder häufig wiederkehrenden Schmerzen geplagt. Regelmäßige Rücken- und Kopfschmerzen gehören für zehn bis 40 Prozent der Deutschen längst zum normalen Alltag. Selbst Kinder bleiben davon nicht verschont: zwölf Prozent aller Zwölfjährigen leiden bereits an Migräne. Schmerz ist damit längst kein Problem mehr von nur Einzelnen, sondern betrifft die ganze Gesellschaft, und das nicht nur national, sondern global.
Und die Folgen gehen dabei weit über das rein Medizinische hinaus: Allein in den USA entstehen der Wirtschaft durch schmerzbedingte Arbeitsausfälle und Produktivitätseinbußen jährlich Kosten in Höhe von 61,2 Milliarden Dollar pro Jahr, schätzen Wissenschaftler der National Institutes of Health (NIH). Und in Deutschland sieht es nicht anders aus: Allein schon Rückenschmerzen schlagen jährlich mit etwa 17 Milliarden Euro Behandlungs- und Folgekosten zu Buche.
Für das NIH steht fest: „Schmerz ist heute die globale Geißel geworden, eine gravierende und kostenintensive Herausforderung für die öffentlichen Gesundheitssysteme und eine schwere Bürde für die Betroffenen und ihre Familien“. Aber warum? Was macht den chronischen Schmerz scheinbar so unbesiegbar? Hat die moderne Medizin und Pharmaforschung denn nicht genügend potente Wirkstoffe in ihrem Arsenal, um dieser allgegenwärtigen Plage Herr zu werden?
Eine der Ursachen für das Problem ist die oft schwierige Diagnose: Während bei Zahnweh oder dem gebrochenen Bein die Ursache schnell gefunden ist und die Behandlung das Leiden mehr oder weniger schnell beseitigt, entziehen sich gerade die chronischen Schmerzen meist einer einfachen Diagnose und Therapie. Weil keine eindeutige körperliche Ursache mehr auszumachen ist, galten solche Schmerzsyndrome in der Vergangenheit häufig als rein psychisch, die Patienten als „hysterisch“ oder „Hypochonder“ und allenfalls als Kandidaten für eine Psychotherapie.
Inzwischen weiß man zwar, dass diese Leiden sehr wohl auf konkreten körperlich-physiologischen Veränderungen beruhen, doch dummerweise ist es alles andere als leicht, dem Gehirn diese einmal etablierten Mechanismen wieder „abzugewöhnen“. ,,Man kann nicht das fest eingebrannte Bild des Schmerzes im Nervensystem wie mit einem Schwamm einfach von einer Tafel herunterwischen“, erklärte dazu Professor Walter Zieglgänsberger vom Münchener Max-Planck-Institut für Psychiatrie anlässlich des Deutschen Schmerztages 1999. Patienten und Ärzte brauchen dazu viel Geduld – und vor allem andere Strategien als beim akuten Schmerz.
Stand: 20.02.2004