Phänomene

Voller „Eigenliebe“

Warum Gold so beständig ist

Es scheint geradezu magisch: Selbst wenn man Gold Jahrhunderte oder sogar Jahrtausende lang im Boden begräbt oder in Wasser versenkt, bleibt es unverändert. Während Kupfer zu Grünspan oxidiert, Eisen rostet und selbst Silber schwarz anläuft, behält das Gold seinen Glanz. Korrosion und andere Umwelteinflüsse scheinen diesem Metall nichts anhaben zu können.

Die Himmelsscheibe von Nebra lag jahrtausendelang in der Erde vergraben – und doch glänzt ihr Gold fast wie neu. © Dbachmann/ Wikipedia, CC-by-sa 3.0

Kein Wunder, dass schon unsere Vorfahren in diesem Element das edelste aller Metalle sahen – einen Stoff, der alle Widrigkeiten unbeschadet zu überstehen scheint. „Die einzigartige Rolle, die das Gold in der Gesellschaft spielt, ist in hohem Maße der Tatsache zu verdanken, dass es das reaktionsträgste aller Metalle ist“, erklärt Jens Norskov von der Technischen Universität Dänemarks in Lyngby.

Kontrahierte Orbitale

Das Überraschende daran: Gold besitzt eigentlich alle Voraussetzungen, um besonders reaktionsfreudig zu sein. Denn sein äußerstes Orbital (6s) ist nur mit einem einzigen Elektron besetzt. Würde es dieses Elektron abgeben, bekäme das Goldatom ein leeres Orbital und damit einen energetisch besonders stabilen Zustand. Genau aus diesem Grund sind Alkalimetalle wie Natrium, Kalium oder Cäsium so reaktiv: Auch sie besitzen nur ein Elektron in ihrer Außenschale und streben danach, dieses loszuwerden.

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Seltsamerweise scheint dies aber beim Gold nicht der Fall zu sein – aber warum? Die Reaktionsträgheit des Goldes hat die gleiche Ursache wie sein Glanz. Die relativistischen Effekte des schweren Kerns lassen die Elektronen besonders schnell um den Kern rasen, gleichzeitig rückt das äußere Orbital näher an den Kern. Als Folge ist das Außenelektron besonders fest an den Kern gebunden. Um es aus der Atomhülle zu reißen, sind Energien nötig, die nur sehr Bindungspartner aufbringen können – dazu gehören Fluor, Chlor und andere hochreaktive Halogene.

Das Rätsel der Aurophilie

Und noch etwas kommt hinzu: In metallischem Gold, aber auch in Goldkomplexen sind die einzelnen Atome besonders eng miteinander verbunden. Ihr Abstand ist deutlich geringer als er eigentlich sein dürfte und in manchen Fällen kann die Bindungsenergie zwischen zwei Goldatomen sogar höher liegen als bei einer Wasserstoffbrückenbindung. Diese sogenannte Aurophilie gab Forschern lange Rätsel auf. Denn wenn die Außenelektronen der Goldatome wie bei Metallen typisch einen „See“ aus delokalisierten Elektronen bilden, bekommen die Atomrümpfe dadurch eine positive Ladung – sie müssten sich eher abstoßen. Stattdessen aber scheinen sie sich beim Gold anzuziehen.

Die Erklärung dafür liefern ebenfalls die relativistischen Effekte im Goldatom. Die Kontraktion der äußeren Orbitale und die hohe Geschwindigkeit der Elektronen führen dazu, dass die äußerste volle Elektronenschale, das 5d-Orbital quasi „aufgebrochen“ wird. Gleichzeitig schirmen die kontrahierten inneren Elektronenorbitale die Kernladung besser ab. Das erleichtert es den Goldatomen, sich untereinander und mit anderen Metallen zu verbinden. Auch die gute Legierbarkeit von Gold lässt sich damit erklären.

Wegen seiner guten Leitfähigkeit, der Biegsamkeit und der Beständigkeit gegenüber Korrosion wird © Maxiphoto/ iStock.com

Blattgold und Leiterbahnen

Diese Aurophilie erklärt eine weitere ungewöhnliche Eigenschaft des Goldes: Das Edelmetall besitzt von allen Elementen die beste Formbarkeit. Es ist weich, biegsam und gleichzeitig doch so stabil, dass es selbst in dünnsten Schichten nicht reißt. Eine Feinunze Gold – das entspricht rund 31,1 Gramm – kann zu einer Goldfolie von knapp 28 Quadratmetern ausgeschlagen werden. Im alten Japan nutzten Künstler Blattgold von nur 100 Nanometern Dicke, um ihre Gemälde zu verzieren – das dünnste Blattgold der Welt.

In der Nanotechnologie lassen sich inzwischen sogar Golddrähte herstellen, die nur ein Atom dick sind. Nicht ganz so dünne Golddrähte kommen heute als Leiterbahnen in vielen elektronischen Bauteilen vor. Weil das Gold nicht korrodiert, Elektronen gut leitet und weniger spröde ist als alle anderen Metalle, sind diese Leiterbahnen besonders beständig, haltbar und effektiv.

Auch in der Raumfahrt macht man sich diese Eigenschaften zunutze: Viele Satelliten und Raumsonden sind mit hauchdünner Goldfolie überzogen, weil diese die Wärmestrahlung der Sonne gut reflektiert und so die Elektronik vor der Überhitzung schützt.

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Nadja Podbregar
Stand: 27.04.2018

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In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Gold – das geheimnisvolle Element
Warum das edelste aller Metalle so ungewöhnlich ist

Blei zu Gold
Auf den Spuren der Alchemisten

Einsteins Glanz
Woher das Gold seinen besonderen Schimmer bekommt

Voller "Eigenliebe"
Warum Gold so beständig ist

Kosmische Geburt
Wie das Element Gold entstand

Das Rätsel der Lagerstätten
Wie hat sich das Gold im Untergrund angereichert?

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