Seine frühe Jugend lässt wenig von seinem späteren Erfolg und Ruhm erahnen – eher im Gegenteil. Der Junge mit dem Geburtsnamen Temujin wird um 1162 am Ufer des Flusses Onon, gut 300 Kilometer nordöstlich der heutigen Stadt Ulaanbaatar geboren. Sein Vater ist der Anführer einer der vielen rivalisierenden Nomadengruppen, die in dieser Zeit durch die mongolische Steppe ziehen. Temujin und seiner Familie geht es zunächst gut.
Vereinigung der Mongolen
Doch dann wendet sich das Blatt: Temujins Vater wird von verfeindeten Tartaren vergiftet und der neue Anführer verstößt seine Witwe und Kinder – aus Angst vor künftiger Konkurrenz. Der junge Temujin wächst in Armut und unter harten Entbehrungen auf. „Sie ließen uns nichts. Außer unseren Schatten hatten wir keine Freunde“, soll Dschingis Khan diese Zeit später beschrieben haben. Der Überlieferung nach soll Temujin als Kind eher ängstlich und kein sonderlich begabter Krieger gewesen sein.
Möglicherweise lehrt ihn jedoch gerade das, wie wichtig die richtigen Verbündeten und eine geschickte Strategie sind. Schon als Teenager setzt Temujin diese Erkenntnis in die Tat um: Als seine junge Braut entführt wird, gewinnt er durch Geschenke und Überredungskünste den Anführer eines Nachbarstammes als Verbündeten. Mit Hilfe von dessen Kriegern besiegt Temujin die Entführer seiner Braut. Später schmiedet er weitere Allianzen, um nach und nach die benachbarten Stämme zu unterwerfen.
Auf diese Weise gelingt es Temujin bis zum Jahr 1205, alle Mongolen und benachbarten Nomadenvölker unter seiner Herrschaft zu vereinen. 1206 erhält er bei einer Art „Reichstag“ am Fluss Onon offiziell den Titel „Dschingis Khan“ und wird zum Großkhan aller Mongolen gekürt.
Kampf gegen das Jin-Reich
Doch damit ist sein Machthunger nicht gestillt: Dschingis Khan lenkt seine Reiterkrieger in den folgenden Jahren erst Richtung Osten und erobert mehrere Reiche im Nordwesten Chinas. Ab 1211 richten sich die Angriffe des Mongolenheers gegen das Jin-Reich im Nordosten Chinas und dessen Hauptstadt Zhongdu – das heutige Peking. Die Stadt und ihre Bewohner waren damals eines der reichsten und fortgeschrittensten Zentren der Wirtschaft, Kultur und Macht. Zhongdu ist zudem von einer zwölf Meter hohen Mauer und den besten Truppen der Jin geschützt.
Das Jin- Reich erhebt zu dieser Zeit Tribute von den verschiedenen Mongolenstämmen und führt regelmäßig Strafexpeditionen in deren Gebiete durch, um ihre Unterwerfung zu sichern und Sklaven zu bekommen. Der Jin-Herrscher Wanyan Yongji nimmt daher die zunehmenden Angriffe und Vorstöße der Steppenreiter anfangs nicht ernst. Er soll Dschingis Khan in einer Botschaft abfällig erklärt haben: „Unser Reich ist so weit wie das Meer, deines ist nur eine Handvoll Sand. Warum sollten wir Dich fürchten?“
Auf den ersten Blick scheint das Jin-Reich tatsächlich weit überlegen: Es liegt hinter der Großen Chinesischen Mauer und die riesige Jin-Armee verfügt über modernste Waffen, inklusive Schießpulver und Katapulte. Dschingis Khan befehligt dagegen nur rund 100.000 größtenteils leicht bewaffnete Reiterkrieger. Dennoch schafft er es, das Jin-Reich zu erobern. Das Mongolenheer umgeht mit seiner Armee die Chinesische Mauer im Süden und überrennt eine Stadt nach der anderen.
Der Fall Pekings
Im Jahr 1214 schließlich stehen Dschingis Khan und seine Krieger vor Zhongdu. Fast zwei Jahre lang belagern die Mongolen die Jin-Hauptstadt, tausende Einwohner verhungern in dieser Zeit. Am 1. Juni 1215 gelingt es Dschingis Khans Truppen dann, die geschwächte Verteidigung der Stadt zu überwinden – Zhongdu fällt.
Die Mongolen dringen in die Stadt ein und richten ein Blutbad an: Einen Montag lang metzeln, vergewaltigen und plündern die Mongolenkrieger, Überlieferungen nach zeugen noch ein Jahr später Berge von Schädeln von dem Massaker. Dschingis-Khan hat über die Jin gesiegt – zumindest in Teilen. Der Nordteil des Jin-Reichs gehört nun zu seinem Territorium, der Südteil unterwirft sich als Vasallenstaat.
Herrscher über ein Weltreich
Doch Dschingis Khans Eroberungspläne sind auch damit noch lange nicht abgeschlossen. Er wendet sich nun gegen seine Nachbarn im Südwesten – die Reiche im südlichen Zentralasien. In schneller Folge erobern seine Reitertruppen von 1218 bis 1221 nacheinander das Khanat Kara-Kitai, das persische Reich der Choresmiden und dringen bis zum Persischen Golf und dem Kaukasus vor. Auch die Oasen und Handelszentren entlang der Seidenstraße, darunter Buchara und Samarkand werden von den Mongolen erobert.
Zu diesem Zeitpunkt ist Dschingis Khan auf dem Höhepunkt seines Erfolgs und seiner Macht. 1222 erstreckt sich sein Reich von der Ostküste Chinas bis jenseits des Kaspischen Meeres. Ein Teil der Mongolenarmee ist bis nach Georgien und Osteuropa vorgedrungen. Dschingis Khan hat innerhalb von knapp zwei Jahrzehnten das mongolische Territorium auf fast 30 Millionen Quadratkilometer erweitert – sein Reich ist größer als das von Alexander dem Großen und fast doppelt so groß wie das Römische Reich.