Gleich sechs Mal reist Galileo Galilei im Jahr 1624 nach Rom, wo er ausführlich über zukünftige Projekte mit dem Papst spricht, aber auch verschiedene Kardinäle trifft. Urban VIII. spornt ihn dabei regelrecht an, ein Buch über die Theorie des Kopernikus in Angriff zu nehmen – solange er diese als mathematisches Modell darstellt und in der Schlussrede zudem die Überlegenheit des geozentrischen Weltbildes betont.
Nach diversen Recherchen und anderen Projekten beginnt Galilei schließlich einige Monate später tatsächlich ein Werk über das Ptolemäische und das Kopernikanische Weltbild, den „Dialogo di Galileo Galilei sopra i due Massimi Sistemi del Mondo Tolemaico e Copernicano“. Längst hat Galilei sich angewöhnt, nicht wie unter Wissenschaftlern sonst üblich in Latein, sondern in seiner Heimatsprache zu schreiben. Denn er will ja schließlich Werbung in eigener Sache und für seine Sicht der Welt betreiben. Und italienisch versteht auch das „einfache Volk“.
Gut-zum-Druck
Nahezu sechs Jahre dauert es bis das Buch endlich fertig ist. Galilei fährt anschließend nach Rom um sich vom Vatikan das „ok“ dafür einzuholen – das so genannte „Gut-zum-Druck“. Das ist normal. Denn diese Form der Kontrolle durch kirchliche Behörden muss jedes neu zu veröffentlichende Werk durchlaufen. Doch die Erlaubnis zu bekommen, entpuppt sich als nicht so einfach wie gedacht. Der oberste Zensor Niccolo Riccardi hat einiges an der Einführung des Dialogo, in der der Hypothesencharakter des kopernikanischen Weltbildes ihm nicht deutlich genug wird, zu bemängeln. Diese wird daraufhin von Galilei und dem Inquisitor mehrfach umgeschrieben. Am Ende erhält er dennoch nur eine vorläufige Druckerlaubnis. Galilei kehrt nach Florenz zurück und bekommt nach einigem Hin und Her mit den kirchlichen Behörden schließlich die ersehnte Imprimatur vom Inquisitor aus Florenz.
„Post“ von der Inquisition
Im Februar 1632 ist das Buch endlich fertig und findet reißenden Absatz. Doch schon wenige Monate später, im Sommer 1632, verbietet der Papst höchstpersönlich die weitere Verbreitung des Buches. Eine Sonderkommission wird eingesetzt, die den Dialogo überprüfen soll. Auf der Grundlage des fertigen Berichts leitet Urban VIII. den Fall Galilei – denn als solcher wird er von der Kirche mittlerweile angesehen – an die Inquisition weiter. Galilei bekommt umgehend die Aufforderung in Rom zu erscheinen und sich zu verantworten.
Sieben Vergehen
Gleich sieben Anklagepunkte hat die „SOKO Galilei“ vorgelegt. Die Inquisition wirft Galilei formelle Fehler beim Druck vor, sie moniert aber auch, dass er sich die Druckerlaubnis erschlichen, die hypothetische Sichtweise verlassen und gegen politische Persönlichkeiten polemisiert habe. Es gibt aber noch weitere Gesetzesbrüche. „Es wurde Galilei auferlegt, sein Werk mit einem Schlusswort, der so genannten ‚Schlussmedizin‘ (medicina del fine ) abzuschließen, in der er ganz klar die Allmacht Gottes zu betonen hatte, wie ihm dies Papst Urban VIII anlässlich einer Privataudienz persönlich auftrug. Galilei respektierte in der Tat diese Auflage des Papstes, indem er in den letzten Gesprächsmomenten des Dialogs das von der Obrigkeit gewünschte Thema einflocht. Allerdings legte Galilei diese auferlegte Betrachtung in den Mund von Simplicio, der – so die Anklage – im ganzen Werk die Rolle des Dummkopfes inne hat.“, erklären Forscher der ETH Zürich auf ihrer Website den Anklagepunkt. Eine Provokation, die der Papst selbst seinem langjährigen Wegbegleiter nicht ungestraft durchgehen lassen kann.
Die Untersuchungskommission Galilei zudem vor, sich über die Mahnungen Kardinal Bellarminos aus dem Jahr 1616 hinweg gesetzt zu haben, Kopernikus Werke nicht zu unterstützen oder zu verbreiten.
Stand: 30.04.2010