Bei konventionellen anamorphen Karten wird eine administrative Einheit – wie ein Land – gemäß eines quantitativen Maßes in ihrer Größe verändert. Bei einer Bevölkerungskarte erscheinen beispielsweise China, Indien und andere Bevölkerungsreiche Länder extrem groß, dünn besiedelte Länder wie Kanada dagegen nur sehr klein. Die quantitative Information wird dabei ähnlich wie in einem Tortendiagramm in Relation zu den anderen Ländern gezeigt.
Länder und administrative Grenzen sind jedoch willkürliche Abgrenzungen, die sich schnell ändern können – etwa wenn Länder geteilt oder vereinigt werden. Bei herkömmlichen anamorphen Karten verändert sich dann das gesamte Kartenbild – die Form und Lage der Länder verschiebt sich stark und willkürlich. Weil sich die Bezüge ändern, kann das gleiche Gebiet je nach Länderaufteilung mal groß ausgedehnt und mal deutlich kleiner erscheinen.
Um dieses Problem zu lösen, hat Benjamin Hennig eine neue Variante der anamorphen Karten entwickelt. Ziel war es dabei, das bei den Worldmapper-Karten genutzte Prinzip so weiterzuentwickeln, dass die resultierenden Karten ähnlich vielseitig wie eine konventionelle Karte eingesetzt werden können: als Basiskarte für die Darstellung weiterer räumlicher Informationen.
Das Gitternetz wird verzerrt
In der neuen Kartenvariante basiert Kartentransformation nicht länger auf willkürlichen Raumeinheiten. Stattdessen wird die Landoberfläche in ein gleichmäßiges Gitternetz unterteilt, das aus gleich großen Rasterzellen besteht. Diese werden dann mit den entsprechenden quantitativen Informationen (z.B. der Bevölkerungszahl) verknüpft. Diese Information wird nun über eine mathematische Funktion in eine Rastertransformationskarte umgewandelt, in der jede Rasterzelle nach ihrem individuellen Datenwert vergrößert oder verkleinert wird. Die Darstellung ist damit unabhängig von Ländergrenzen und anderen administrativen Einheiten.
Durch das gleichmäßig verteilte Raster weist die transformierte Karte nicht mehr die rasch vergleichbaren ursprünglichen Landformen auf. Dafür behalten die veränderten Rasterzellen die Referenz zu ihrer realen Position im physischen Raum. Dadurch können weitere räumliche Informationen auf der neuen Karte korrekt lokalisiert und in Relation zu dem Indikator dargestellt werden – auch nachdem die Karte verändert wurde.
Das transformierte Raster trägt zudem zu einer Lesbarkeit der Karte bei. Denn an ihm ist auf einen Blick zu erkennen, wie stark die Rasterzellen in einem Gebiet vergrößert oder verkleinert wurden. Dieses muss der Betrachter lernen, korrekt zu lesen. Doch wenn das Grundprinzip verstanden ist, erzeugen die daraus entstehenden Muster einen lebhaften Eindruck davon, wie sich die Transformation auf das Kartenbild auswirkt.
Benjamin Hennig
Stand: 23.11.2012