Wer heute den Atlantik überqueren möchte, fliegt meist mit Jumbojets wie dem A380 oder der Boeing 747. Vor 100 Jahren jedoch waren auf dieser und andere Langstrecken andere Giganten der Lüfte im Einsatz: Luftschiffe. Mit Längen von bis zu 245 Metern, einer Nutzlast von 70 Tonnen Reichweiten von bis zu 12.000 Kilometern sind sie bis heute die größten Fluggeräte, die je geflogen sind.
Luxusliner der Lüfte
Schon der erste Transatlantikflug eines Zeppelins im Jahr 1919 setzt neue Maßstäbe: Das britische Luftschiff R-34 legt die Strecke von Schottland nach New York in 108 Stunden, den Rückweg sogar in nur 75 Stunden zurück – einer Rekordzeit. Denn Schiffe benötigen damals noch knapp eine Woche für die Überfahrt. Schneller ist nur das Flugzeug, mit dem Piloten nur wenige Tage vor der R-34 erstmals den Atlantik überquert haben. Doch von einem Transport größerer Mengen an Passagieren oder Fracht ist diese Variante der Luftfahrt damals noch Jahrzehnte entfernt.
Diese Aufgaben übernehmen in den 1920er und 1930er Jahren die Verkehrsluftschiffe. Mit ihnen können Passagiere erstmals Nonstop und relativ regelmäßig von Deutschland aus über den Atlantik nach New York und sogar nach Rio de Janeiro fliegen. An Bord bieten eine von namhaften Designern entworfene Innenausstattung und der einem Luxushotel würdige Service alle erdenklichen Annehmlichkeiten.
Einzig die Landeplätze sind eher suboptimal: Wegen ihrer enormen Größe können die Zeppeline nur außerhalb der Metropolen starten und landen. Das wollen die Erbauer des Empire State Building ändern: Sie installieren auf dem Dach ihres 1931 fertiggestellten Hochhauses einen Ankermast für Zeppeline. Über eine spezielle Brücke sollen die Passagiere dann in die Ankunftshalle im 86. Stock des Gebäudes gelangen. Genutzt wird dieser Luftschiff-Bahnhof allerdings nur einmal – von einem kleinen Testzeppelin.
Fliegende Forschungsplattformen
Doch die Luftschiffe werden nicht nur für den Luftverkehr eingesetzt, sie dienen schon damals auch als fliegende Forschungs- und Erkundungsplattformen. Am 12. Mai 1926 überfliegt das Luftschiff „Norge“ mit Roald Amundsen und Umberto Nobile an Bord als erstes Flugobjekt überhaupt den Nordpol. Bei dem 106 Meter langen Gefährt handelt es sich um ein halbstarres Luftschiff – es besitzt zwar einen festen Kiel an der unteren Längsachse des wasserstoffgefüllten Rumpfes, die Oberseite der Hülle aber ist flexibel und wird nur durch den Gasdruck in Form gehalten.
Im Jahr 1931 trägt eine wissenschaftliche Expedition an Bord der „Graf Zeppelin“ erheblich dazu bei, die arktischen Polargebiete zu kartieren. Forscher führen dabei auch meteorologische Untersuchungen und Messungen des Magnetfelds in Polnähe und am Nordpol durch. Kurz zuvor, im Jahr 1929, absolviert die „Graf Zeppelin“ die erste und bis heute einzige Weltumrundung mit einem Luftschiff. Sie legt mit 20 Passagieren an Bord fast 50.000 Kilometer in 35 Tagen und sechs Etappen zurück.
Und auch das US-Militär investiert stark in die Luftschifffahrt: Die US-Marine beauftragt Anfang der 1930er Jahre den Bau mehrerer Zeppeline als Aufklärungsplattformen und fliegende Labors. Die beiden größten, die „USS Akron“ und die „USS Macron“, dienen sogar als fliegende Flugzeugträger – sie besitzen einen Hangar für vier bis fünf Aufklärungsflugzeuge, die dort im Flug starten und landen können.
Die Hindenburg-Katastrophe
Doch so erfolgreich die großen Zeppeline der Luftschiff-Ära auch sind – sie haben eine fatale Schwachstelle: ihr Traggas. Fast alle zivilen Luftschiffe verwenden damals Wasserstoff, weil dieser günstiger ist und mehr Auftrieb erzeugt als das teure und rare Helium. Dabei nimmt man in Kauf, dass der leicht brennbare Wasserstoff sich schon durch kleinste Funken entzünden kann.
Am 6. Mai 1937 kommt es dann zur Katastrophe: Die „Hindenburg“, eines der beiden größten je gebauten Luftfahrzeuge, gerät bei der Landung in Lakehurst in Brand. Im Heck des Luftschiffs bricht ein Wasserstofffeuer aus, das sich rasend schnell ausbreitet. Sekunden später sackt der Zeppelin ab, rammt fast den Ankermast und sinkt schließlich brennnend zu Boden. 35 der 97 Menschen an Bord der Hindenburg sterben – teils im Feuer, teils beim Sprung aus dem brennenden Luftschiff.
„Es ist in Flammen aufgegangen! Es stürzt ab! Das ist furchtbar, eine der schlimmsten Katastrophen der Welt!“, schildert der US-Radiokommentator Herbert Morrison das Geschehen. Sowohl er als auch mehrere Kamerateams sind an diesem Abend vor Ort, um die Landung der Hindenburg zu dokumentieren. Durch Morrisons emotionale Live-Reportage und später auch die Filmaufnahmen breitet sich die Nachricht vom Unglück schnell aus.
Die Hindenburg-Katastrophe wird zum bekanntesten Unglück der Luftfahrtgeschichte – und läutet das Ende der Luftschiff-Ära ein. Die Giganten der Lüfte haben ihren Nimbus verloren und mit dem Beginn des Zweiten Weltkriegs ist ihre Zeit endgültig abgelaufen – oder doch nicht?