Es erscheint paradox: Im Inneren eines Weißen Zwergs läuft keine Kernfusion mehr ab, der Motor für seine Hitze und Leuchtkraft ist erloschen. Trotzdem sind junge weiße Zwerge um ein Vielfaches heißer als die Sonne und ihre Leuchtkraft übertrifft die unseres Sterns um das Hundertfache.
Langsame Abkühlung
Der Grund ist die im Inneren der Sternenreste stark komprimierte Materie. Bei jungen Weißen Zwergen ist in diesem dichten Plasma noch so viel Energie gespeichert, dass sie bis auf gut 150.000 Kelvin aufgeheizt werden können – sie strahlen daher intensiv bläulich-weiß. Typischerweise bildet dabei Sauerstoff als das schwerste Element den Kern des Weißen Zwergs, darauf folgt eine Schicht aus Kohlenstoff. Beide zusammen machen die Hauptmasse des Weißen Zwergs aus. Außen schließen sich meist dünne Restbestände der stellaren Hülle aus Helium und Wasserstoff an.
Weil Weiße Zwerge so klein sind und vergleichsweise wenig Hitze über ihre Oberfläche verlieren, kühlen sie nur langsam ab. Die bisher kühlsten bekannten Exemplare haben für ein Absinken ihrer Temperatur auf rund 3.800 Kelvin fast so lange gebraucht wie das Universum besteht: elf bis zwölf Milliarden Jahre. Astronomischen Modellen zufolge könnte es hunderte Billionen Jahre dauern, bis solche Sternenreste komplett auskühlen und zu kalten, dunklen Schwarzen Zwergen werden.
Der größte Diamant des lokalen Kosmos
Bevor es jedoch so weit ist, macht das Innere der Weißen Zwerge einen fundamentalen Wandel durch, wie Astronomen schon in den 1960er Jahren vermuteten. Demnach kristallisiert das Sauerstoff-Kohlenstoff-Plasma bei kühlen Weißen Zwergen aus und bildet ein kubisch-zentrisches Kristallgitter- das Sterneninnere wird zum Diamant.
Dass es solche Diamantzwerge tatsächlich gibt, demonstrierte im Jahr 1995 der rund 50 Lichtjahre entfernte Weiße Zwerg BPM 37093. Analysen zufolge könnte der rund 1,1 Sonnenmassen schwere und 8.000 Kilometer große Sternenrest zu bis zu 90 Prozent aus Diamant bestehen. Die enorme Masse dieses Kristalls wird auf rund 5 x 1029 Kilogramm geschätzt – dieser Diamant könnte damit der größte im gesamten lokalen Universum sein. Nach dem Beatles-Song „Lucy in the Sky with Diamonds“ erhielt dieser Weiße Diamant-Zwerg den Spitznamen „Lucy“.
Millionen „Kristallkugeln“ in der Milchstraße
„Lucy“ ist jedoch kein Einzelfall: 2019 haben Forscher um Pier-Emmanuel Tremblay von der University of Warwick die Temperatur- und Spektralkurven von 15.000 Weißen Zwergen ausgewertet – und eine Auffälligkeit entdeckt. In den Kurven zeigte sich bei bestimmten Temperatur-Helligkeitswerten eine Art „Stau“ von Weißen Zwergen, sichtbar als signifikanter Buckel in der Kurve.
„Dieser masseabhängige Stau im Diagramm resultiert daraus, dass die Weißen Zwerge durch die Abgabe ihrer latenten Wärme bei der Kristallisation mehr Zeit in dieser Phase verbringen“, erklären die Astronomen. Aus ihren Daten schließen sie, dass es allein in unserer Heimatgalaxie schon Millionen von Weißen Zwergen zu Kristallkugeln geworden sind. Auch unsere Sonne könnte irgendwann in sehr ferner Zukunft zu einem solchen Diamant-Zwerg werden.