„Die natürliche Auslese sorgt dafür, dass immer die Stärksten oder die am besten Angepassten überleben.“ Was Charles Darwin, der Urvater der modernen Evolutionstheorie, für ein allgemein gültiges Prinzip hielt, scheint für Albatrosse nicht immer zuzutreffen.
Einmal in der Luft erweisen sich die Tiere trotz ihres großen Gewichts von zehn Kilogramm und mehr als filigrane Flugkünstler. Mit ihren langen und schmalen Flügeln segeln sie geschickt über das Meer und legen dabei bis zu 1.000 Kilometer am Tag zurück. Wissenschaftler haben herausgefunden, dass die Albatrosse, getragen von einem zumeist stürmischen Wind, bis zu elf Jahre am Stück fernab des Festlandes ihr Dasein fristen können.
„Bezahlen“ müssen die Tiere diese erstaunlichen Fähigkeiten, wenn die Windgeschwindigkeit unter zwölf Kilometer pro Stunde sinkt. Denn dann funktioniert die ausgeklügelte Segeltechnik nicht mehr und es hilft nur noch schwimmen. Weitaus schlimmer enden für Albatrosse aber häufig die Starts und vor allem die Landungen.
Auf dem Meer können die Tiere mit ihren Flügeln und dem ausgefahrenen „Fahrwerk“ in Form der Füße den großen Schwung noch einigermaßen sicher abbremsen. Beim Aufsetzen auf einem harten Felsplateau oder einem Grasstreifen am Ufer jedoch wird in ihnen ihre hohe Geschwindigkeit oft zum Verhängnis. Eine Bruchlandung verbunden mit einem unfreiwilligen artistischen Überschlag ist dann an der Tagesordnung – Knochen- und Genickbrüche nicht selten inklusive. Der Albatros, ein makelloses Vorzeigeprodukt der Evolution? Keineswegs. Dennoch haben es die Tiere bis heute problemlos geschafft, zu überleben. Ihre im Lauf der Jahrtausende erworbenen Vorzüge bezüglich Flügelbau und Flugtechnik kompensieren die wenigen Nachteile anscheinend mehr als genug.
Mängel ohne Ende
Gleich mehrere Handicaps schleppen auch die Geparde mit sich herum. So haben Wissenschaftler festgestellt, dass sich die Tiere vom Erbgut her untereinander kaum unterscheiden. Als Erklärung für diese genetische Verarmung gilt eine Populationskrise vor rund 10.000 Jahren, die nur einige wenige Exemplare verschonte. Von diesen zehn oder weniger Tieren stammen alle rund 12.000 heute lebenden Tiere der Spezies ab. Sehr zur Überraschung der Forscher ist jedoch trotz der Inzucht eine Häufung an Erbkrankheiten bisher ausgeblieben.
Und auch die Fortpflanzung der Tiere in freier Natur klappt nach den Erkenntnissen von Biologen des Berliner Instituts für Zoo- und Wildtierforschung (IZW) einwandfrei. Die Wissenschaftler um Professor Heribert Hofer und Robert Hermes stellten zwar fest, dass Gepardenmännchen nur rund 14 Millionen Spermien pro Milliliter Samenflüssigkeit besitzen – bei Elefanten und Nashörnern sind es bis zu 100 Millionen – ihrer Fruchtbarkeit tut dies aber keinen Abbruch.
Beute ade?
Eine andere Schwäche der Geparden tritt ausgerechnet bei ihrer Spezialität, der Hetzjagd, deutlich zutage. Zwar sind die Raubkatzen mit einer Höchstgeschwindigkeit von bis zu 115 Kilometern pro Stunde und einer Beschleunigung von null auf hundert in vier Sekunden die schnellsten Landsäugetiere der Welt, sie zahlen dafür aber auch einen hohen Preis: Denn sie können das enorme Tempo nur wenige hundert Meter durchhalten. Schuld daran ist unter anderem ein relativ kleines Herz, das eine ausreichende Sauerstoffversorgung der Muskulatur über längere Zeit und damit extreme Ausdauerleistungen verhindert.
Die enorme körperliche Belastung bei der Jagd nach Gazellen und Antilopen lässt die vergleichsweise wenigen Muskeln der Geparden zudem schnell ermüden und die Körpertemperatur auf 41 °C ansteigen.
Ist die Beute erlegt, muss der Gepard daher vor dem Fressen oft erst einmal eine Pause einlegen und dem Körper die notwendige Erholung gönnen. Sehr zur Freude von Rivalen wie Löwen, Leoparden oder Hyänen, die dem verteidigungsunfähigen Geparden genau in diesem Moment die Beute abluchsen.
Mensch schuld am Aussterben der Geparden?
Alles nicht so schlimm, sollte man meinen. Neue Jagd, neues Glück. Doch so einfach ist die Sache nicht. Denn Geparden verfügen nur über begrenzte Energiereserven im Körper. Maximal vier Versuche haben sie, um die lebensnotwendige Beute zwischen die Pranken zu bekommen. Misslingt dies, sind die Energiespeicher leer und das Tier muss kläglich verhungern.
Doch all diese scheinbaren Fehler im System hindern den Geparden nicht daran, der Evolution ein Schnippchen zu schlagen und sich seinen Platz in der Natur zu sichern – bisher. Denn das Überleben der Raubkatzen auf der Erde ist längst zu einer Zitterpartie geworden. Aber nicht durch biologische Schwächen, sondern durch den Menschen: Raubtierjagd, Tourismus und die Beschneidung der Lebensräume haben mittlerweile dazu geführt, dass die Geparden auf der Roten Liste der vom Aussterben bedrohten Tierarten stehen. „Zwar sind alle wilden Raubkatzen gefährdet, aber um den Geparden steht es besonders schlecht“, beschreibt Hofer die Situation in der Berliner Zeitung.
Stand: 18.01.2008