Alexander Gerst hat Respekt, aber keine grundsätzliche Furcht vor extremen, ungewöhnlichen Situationen. So hat er an einer Seismometer-Station auf einem 4.000 Meter hohen Eisplateau
in der Antarktis nach eigenen Worten zum ersten Mal erlebt, „was Einsamkeit wirklich bedeutet“. Für seine Promotion zog es ihn an einen Kraterrand des Mount Erebus, des südlichsten aktiven Vulkans der Erde. Ein Härtetest: sechs Wochen bei minus 45 Grad Celsius in einem kleinen Zelt.
Gerst – ein moderner Alexander von Humboldt? In gewisser Weise schon. Wie sein berühmter Namensvetter ist er von ganzem Herzen Naturwissenschaftler. Sein Wissensdurst treibt ihn über die irdischen Grenzen hinaus. Deshalb freut sich der dritte deutsche ISS-Astronaut auch besonders auf die kommenden zwölf Monate: „Dann erfahre ich, welche Experimente ich bei meinem Aufenthalt
auf der Raumstation absolvieren darf.“
Schwerelosigkeit als neues Forschungsfeld
Fest steht schon jetzt, dass er in drei Modulen arbeiten wird: im europäischen Columbus-Modul, im amerikanischen Destiny-Modul und im japanischen Kibo-Modul. Und er weiß auch, dass es bei seinen Experimenten um die Kernfragen geht, wie das Fehlen der Gravitation im All für das Erforschen von irdischen Prozessen genutzt werden kann, aber auch darum, künftige Weltraummissionen in die Tiefen des Alls vorzubereiten und zu untersuchen, wie Astronauten am besten in der Schwerelosigkeit leben können.
„So wollen wir zum Beispiel mit Fluiddynamikversuchen Brennvorgänge in Kraftwerken besser verstehen. Das kann letztlich helfen, Treibstoff einzusparen und den Kohlendioxidausstoß auf der Erde zu verringern. Andere Versuche helfen uns, Krankheiten wie Osteoporose oder Schlaganfall besser behandeln zu können.“ Rund 50 bis 60 Experimente aus den unterschiedlichsten Bereichen – von Medizin über Biologie bis hin zu Materialwissenschaften – wird der Wissenschaftler während seines Langzeitaufenthalts auf der Internationalen Raumstation bearbeiten.
Doch das ist noch Zukunftsmusik. Jetzt muss der nächste deutsche Astronaut erst einmal die Sojus-Prüfung meistern…
DLR Magazin 135 / Elisabeth Mittelbach
Stand: 12.10.2012