Eine weitere Herausforderung für die Planer der Morgenstadt ist der Aufbau nachhaltiger Mobilität. „Wir müssen aus Autostädten wieder Menschenstädte machen, die leise, verkehrsarm, weitgehend emissionsfrei sind“, fordert Bullinger. „Um allerdings mit weniger Verkehr eine ausreichende, sichere, zuverlässige und bezahlbare Mobilität zu gewährleisten und die Lebensqualität in Städten zu steigern, ist ein strukturelles Umdenken gefragt“, so das Fazit der Studie „Roadmap – Elektromobile Stadt“, des IAO.
Das ist nur möglich, wenn private und öffentliche Verkehrsmittel besser vernetzt sind. Zudem muss Mobilität umweltfreundlicher werden – etwa durch Elektrofahrzeuge, die mit regenerativ erzeugtem Strom fahren. Einige Städte beginnen schon jetzt den Weg in die elektromobile Zukunft. Ein Beispiel ist Stuttgart: Die schwäbische Landeshauptstadt beteiligt sich mit Elektrofahrzeugen an dem Carsharing-Projekt car2go der Firma Daimler. Auch in Berlin, Düsseldorf, Köln und Hamburg und in Städten anderer Ländern gibt es diese Form des E-Auto-Carsharings bereits.
Wohnen und Produzieren in einem Viertel
Ziel der „Morgenstadt“ sind lebendige Stadtviertel, in denen man auf kurzer Distanz arbeiten, wohnen, einkaufen, essen oder im Park spazieren gehen kann. Das ist aber nur möglich, wenn auch Produktionsstätten wieder in die Stadt zurückkehren. Doch dann dürfen die Fabriken die Anwohner nicht durch Lärm oder den Ausstoß von Schadstoffen belasten.
Aber auch dafür gibt es bereits ein Positivbeispiel: die Wittenstein AG. Das Unternehmen hat in Fellbach bei Stuttgart eine neue Produktionsstätte errichtet. Dabei setzte die Firma auf ein innovatives Gesamtkonzept für urbane Produktion: Gebäudetechnik und Maschinen sind auf geringstmöglichen Ressourcenverbrauch und zugleich höchste technische Präzision hin ausgelegt. Eine Stromtankstelle liefert E-Autos der Mitarbeiter und Kunden Strom und kurze Wege sorgen für Effizienz. „Bei der Planung haben wir alle Themen wie Lärm, Abgas, Abfall, CO2-Ausstoß, Wasser und Abwasser ebenso gründlich berücksichtigt wie die architektonische Einbindung in das direkt benachbarte Wohnumfeld“, betont Wilhelm Bauer vom IAO, das die Firma bei der Konzeption unterstützt hat.
Diese wenigen Beispiele zeigen, dass es schon heute zahlreiche Ansätze und Ideen für die Städte der Zukunft gibt. „Die zentrale Herausforderung liegt aber nicht nur darin, diese einzelnen Technologien weiter zu optimieren, sondern sie zu einem ganzheitlichen Systemansatz zusammenzuführen – für die Transformation unserer Städte hin zu Morgenstädten“, betont Bullinger. Im Mittelpunkt aller Überlegungen stehe dabei der Mensch. „Er soll in der Stadt der Zukunft gesund leben, sich wohl fühlen, andere Menschen treffen und arbeiten können. Die Technik dient nur dazu, diese Grundbedürfnisse zu unterstützen“.
Birgit Niesing / Fraunhofer Magazin
Stand: 14.02.2013