In fast allen Aufzählungen von biologischen Kampfstoffen führt Anthrax die Liste an. Und dies hat keineswegs nur alphabetische Gründe. Eine Arbeitsgruppe der American Medical Association stuft den Erreger des Milzbrands, so die deutsche Bezeichnung für Anthrax, als eine der gefährlichsten Biowaffen überhaupt ein. Neben der hohen Infektiösität – schon 1-3 eingeatmete Bakteriensporen reichen für eine Ansteckung – verläuft die Krankheit – wird sie nicht rechtzeitig erkannt und behandelt – in bis zu 90 Prozent der Fälle tödlich.
Nach Angaben der WHO könnte die Freisetzung von 50 Kilogramm Anthraxbakterien als Aerosol über einer Stadt mit fünf Millionen Einwohnern innerhalb kurzer Zeit 250.000 Menschen schwer erkranken lassen und mehr als 100.000 Todesopfer fordern. Eine neuere Schätzung des US Congressional Office of Technology geht sogar von bis zu drei Millionen Todesopfern bei einer Freisetzung von 100 Kilogramm aus – eine Lethalität, die derjenigen einer Wasserstoffbombe entspricht.
Anthrax gilt als relativ „verbreitete“ Biowaffe: Mindestens 13 Staaten haben nach jüngsten Kenntnissen offensive Biowaffenprogramme mit Anthraxbakterien, darunter nachweislich auch der Irak. Von Russland ist bekannt, dass es auch mit antibiotikaresistenten Anthraxstämmen experimentiert haben soll. Doch neben den – allesamt illegalen – staatlichen Programmen könnten auch mehr oder weniger unabhängige terroristische Organisationen in Besitz dieser Erreger sein. Die japanische Sekte Aum Shinriko hat bereits mehrfach Anschläge mit Anthrax durchgeführt und auch die Terrororganisation Al-Qaida soll mehrfach versucht haben, in den Besitz von Anthraxbakterien zu gelangen…
Steckbrief:
Erreger:
Bacillus anthracis, ein unbewegliches, 1-8 µm langes, 1-1,5 µm dickes Bakterium. Bei Nahrungsmangel bildet B. anthracis Sporen, ein Überdauerungsstadium, das Jahrzehnte in der Umwelt überleben kann. Auf der schottischen Insel Gruinard wurden noch 36 Jahre nach Ende der letzten Freisetzungsversuche infektiöse Sporen gefunden.