Ursprünglich war ihr Forschungsgebiet die Großstadt mit ihren Luftschneisen und U-Bahn-Schächten. Hier haben die Klimatologen Andreas Pflitsch, Christiane Meyer und David Holmgren im Lauf der vergangenen Jahre hochpräzise Messverfahren entwickelt, mit denen sie zum Beispiel schwächste Luftströme in U-Bahn-Schächten nachweisen können. Seit den späten 1990er Jahren setzen die Forscher diese Technik nun auch in der Höhlenforschung ein.
Das Ganze begann, als die RUB-Forscher der Einladung eines polnischen Kollegen folgten, gemeinsam Messungen in einer Höhle in den Sudeten vorzunehmen. Bis dahin hatten sie sich hauptsächlich mit der Belüftung von Städten beschäftigt. In der polnischen Höhle sollten Luftströme, die bis dahin nicht direkt messbar waren, erfasst werden – mit einem Ultraschall-Verfahren, das bereits in der Stadtklimatologie eingesetzt wurde. Die erste Messkampagne erbrachte zahlreiche neue Erkenntnisse, und die Bochumer Arbeitsgruppe wurde von den Höhlen „gepackt“.
Fasziniert von der Unterwelt
Die dunkle Unterwelt stellte sich im Licht der Lampen als faszinierend dar, voll unbekannter Formen und unterschiedlichster Farben – und als unerwartet dynamisch. Die Forschung dehnte sich bald in die Tschechische Republik und Slowakei aus, aber auch die Dechenhöhle in Iserlohn – bereits durch den Bochumer Geologen Detlev Richter erforscht – wurde zum frühen Forschungsgegenstand.
Seither betreiben die RUB-Wissenschaftler ihre Höhlenforschung mit drei Zielen: Sie erforschen die Effekte von Klimaveränderungen, analysieren wertvolle Klimaarchive, um diese zu schützen, und tragen zum Höhlenschutz bei. In den europäischen Höhlen widmeten sie sich dabei insbesondere dem Nachweis von Strömungssystemen beziehungsweise der Belüftung, auch Bewetterung genannt.
Schallwellen messen Winde und Temperatur
Dazu müssen sehr schwache Luftbewegungen von wenigen Zentimetern pro Sekunde gemessen werden. Früher erfolgte das indirekt über Veränderungen in der Konzentration des radioaktiven Gases Radon. Viel detaillierter gelang es den Forschern nun mit Ultraschallanemometern. Diese Geräte erfassen horizontale und vertikale Luftbewegungen, ebenso die Lufttemperatur mit Hilfe von Schallwellen.
Durch Luftbewegungen ist die Laufzeit der Schallwellen in die eine Richtung etwas schneller als in die entgegengesetzte Richtung. Die Differenz zwischen beiden ergibt die Windgeschwindigkeit für die eine Richtung. Aus der besonderen Anordnung von drei Sensorpaaren lässt sich dann der dreidimensionale Windvektor bestimmen. Diese Technik kann sehr schwache Luftströmungen von wenigen Zentimetern pro Sekunde nachweisen und kleinste Richtungs- und Geschwindigkeitsfluktuationen erfassen.
Zwei Grad wärmer durch eine Touristengruppe
Mit solchen Messungen haben die Forscher beispielsweise gezeigt, wie sich das Höhlenklima ändert, wenn eine Touristengruppe durch die Höhle läuft. Durch Körperwärme und Atemluft erwärmen die Personen die Luft um bis zu zwei Kelvin, vor allem im Deckenbereich. Körperwärme und Bewegung der Gruppe sorgen außerdem für eine turbulente Vermischung der Luft und modifizieren so das natürliche Strömungssystem.
Solche Erkenntnisse sind auch wichtig für den Höhlenschutz. Denn die sensible Höhlenfauna und -flora und die unterirdische Landschaft reagieren empfindlich auf Veränderungen von Temperatur und Feuchtigkeit.
RUBIN / Andreas Pflitsch, Christiane Meyer, David Holmgren, AG Höhlen- und U-Bahn-Klimatologie, Geographisches Institut der Ruhr-Universität Bochum (RUB)
Stand: 28.03.2014