Was aber bedeutet die Erwärmung der Alpenregion für die einzelnen Gletscher? Auch das haben die Forscher untersucht. Sie nutzten dafür genaue Höhenmodelle, die seit 1949 für die bayrischen Gletscher existieren und es ermöglichen, die Veränderung des Eisvolumens zu bestimmen. Wie sich zeigte, variieren die Höhenverluste dabei zwischen 17 Metern und 24 Metern – abhängig unter anderem von der Form und Lage des Untergrunds. Gletscher in geschützten Muldenlagen, wie der Höllentalferner und das Blaueis schrumpfen dabei weniger stark.
Der Höllentalferner ist sogar der einzige bayrische Gletscher, der im oberen Teil sogar noch an Dicke zunimmt. Durch seine Ausrichtung gegen Nordosten und die hohen Felswände ist er zudem sehr gut gegen Sonneneinstrahlung geschützt. „Aufgrund dieser Situation wird vermutlich der Höllentalferner
auch der letzte verbleibende Gletscher in Bayern sein“, heißt es im aktuellen Gletscherbericht.
Eisschwund am Schneeferner
Weitaus schlechter steht es um den nördlichen Schneeferner. Der Zugspitzgletscher ist der größte und höchst gelegene Gletscher Bayerns. Weil er aber nach Süden ausgerichtet ist und kaum vor der Sonne geschützt, schmilzt er am schnellsten. Seine Fläche hat sich, so zeigt der Bericht, in den letzten Jahrzehnten zwar kaum verändert, wohl aber seine Dicke. Vor allem der Bereich mit mehr als 30 Metern Dicke ist stark zurückgegangen, Gebiete mit mehr als 50 Meter dickem Eis gibt es heute überhaupt nicht mehr.
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„Sollten die klimatischen Verhältnisse in den nächsten zehn Jahren ähnlich sein wie heute, wird der nördliche Schneeferner einen erheblichen Flächenverlust erfahren“, so das Ergebnis der Glaziologen. Bis 2020 werde sich seine maximale Eisdicke auf rund 30 Meter verringern.
Der südliche Schneeferner war zeitweilig der größte Gletscher Bayerns. Jetzt ist er von einem völligen Abschmelzen bedroht. Wie die Glaziologen feststellten, besitzt er kein Akkumulationsgebiet mehr und bekommt daher keinen Eisnachschub. Er ist zudem relativ dünn und bereits stark geschrumpft. „Daher wird voraussichtlich auch dieser Gletscher in den nächsten 10 bis 15 Jahren bis auf wenige Eisreste abgeschmolzen sein“, heißt es im Gletscherbericht.
Verschwunden bis 2020
Noch weniger Chancen haben Blaueis und Watzmanngletscher. Beide sind relativ klein und liegen nicht sehr hoch. Wie die Forscher feststellten, verlieren die unteren Teile beider Gletscher zurzeit rund einen Meter Eis pro Jahr. „Selbst bei gleichbleibenden klimatischen Bedingungen könnten beide Eiskörper bis 2020 nahezu verschwunden sein“, so das Fazit. Etwas länger könnte dagegen der obere Teil des Blaueises durchhalten. Denn er liegt etwas höher und zudem im Schatten.
Die Bilanz der Forscher: Die Eisdicke aller bayerischen Gletscher nimmt seit rund 30 Jahren kontinuierlich ab. Die absoluten Dickenverluste des Eises sind jedoch von Gletscher zu Gletscher unterschiedlich. Überleben wird langfristig aber wahrscheinlich nur einer der fünf Eisreisen, der Höllentalferner.
Bayerischer Gletscherbericht 2012, Bayerische Akademie der Wissenschaften
Stand: 04.01.2013