Vieles, was Menschen oder Tiere lernen, lässt sich nicht durch Versuch und Irrtum und Konditionierung erklären. Etwa wenn wir abstrakte Begriffe erwerben, komplexe Schlüsse ziehen oder aus einem Artikel wie diesem etwas mit nach Hause nehmen.
Wie sich etwa rein assoziatives Lernen durch Konditionierung von kognitivem unterscheidet, lässt sich an einem Beispiel erklären. Bringt man etwa Jagdhunden bei, bei einem bestimmten Klang einer Hundepfeife zum Jäger zurückzukehren, handelt es sich um klassische Konditionierung. Ein neutraler Reiz wandelt sich durch das Training in einen konditionierten. Nun lassen die Hunde allerdings in der Regel andere Pfeiftöne, die für andere Hunde bestimmt sind, kalt. Das veränderte Verhalten bezieht sich nur auf den erworbenen konditionierten Reiz.
Höher ist besser
Ganz anders ist die Lage beim kognitiven Lernen. Auch hier ist ein Versuch erhellend, den Wolfgang Köhler 1918 in seiner Versuchsstation auf Teneriffa durchgeführt hat. Er ließ Haushühner unterschiedlich hohe und tiefe Töne unterscheiden, wobei der hellere Ton der Zielreiz war, den zu erkennen Köhler belohnte. Gespannt beobachtete der Psychologe, was passierte, wenn er den Hühnern einen noch helleren Ton präsentierte. Den zuvor erlernten Zielreiz zu wählen, wäre nichts anderes als Lernen durch Assoziation. Tatsächlich entschieden sich die Tiere aber für den neuen Reiz.
Sie hatten offensichtlich die Beziehung zwischen den Reizen als entscheidendes Kriterium erkannt und das vorangegangene Lernergebnis auf die neue Situation übertragen. Das Gedächtnis spielt demnach beim kognitiven Lernen eine wichtige Rolle. Vorwissen und Überzeugungen bestimmen das Gelernte mit.
Dr. Christian Wolf / dasGehirn.info – Gemeinnützige Hertie-Stiftung, Neurowissenschaftliche Gesellschaft e. V., ZKM | Zentrum für Kunst und Medientechn.
Stand: 18.01.2013