Phänomene

Von Hundepfeifen und Hühnern

Assoziatives versus kognitives Lernen

Vieles, was Menschen oder Tiere lernen, lässt sich nicht durch Versuch und Irrtum und Konditionierung erklären. Etwa wenn wir abstrakte Begriffe erwerben, komplexe Schlüsse ziehen oder aus einem Artikel wie diesem etwas mit nach Hause nehmen.

Horcht auf die Pfeife - durch Konditionierung © gemeinfrei

Wie sich etwa rein assoziatives Lernen durch Konditionierung von kognitivem unterscheidet, lässt sich an einem Beispiel erklären. Bringt man etwa Jagdhunden bei, bei einem bestimmten Klang einer Hundepfeife zum Jäger zurückzukehren, handelt es sich um klassische Konditionierung. Ein neutraler Reiz wandelt sich durch das Training in einen konditionierten. Nun lassen die Hunde allerdings in der Regel andere Pfeiftöne, die für andere Hunde bestimmt sind, kalt. Das veränderte Verhalten bezieht sich nur auf den erworbenen konditionierten Reiz.

Hühner lernen: Höher ist besser © AnemoneProjectors / CC-by-sa 2.0 us

Höher ist besser

Ganz anders ist die Lage beim kognitiven Lernen. Auch hier ist ein Versuch erhellend, den Wolfgang Köhler 1918 in seiner Versuchsstation auf Teneriffa durchgeführt hat. Er ließ Haushühner unterschiedlich hohe und tiefe Töne unterscheiden, wobei der hellere Ton der Zielreiz war, den zu erkennen Köhler belohnte. Gespannt beobachtete der Psychologe, was passierte, wenn er den Hühnern einen noch helleren Ton präsentierte. Den zuvor erlernten Zielreiz zu wählen, wäre nichts anderes als Lernen durch Assoziation. Tatsächlich entschieden sich die Tiere aber für den neuen Reiz.

Sie hatten offensichtlich die Beziehung zwischen den Reizen als entscheidendes Kriterium erkannt und das vorangegangene Lernergebnis auf die neue Situation übertragen. Das Gedächtnis spielt demnach beim kognitiven Lernen eine wichtige Rolle. Vorwissen und Überzeugungen bestimmen das Gelernte mit.

  1. zurück
  2. |
  3. 1
  4. |
  5. 2
  6. |
  7. 3
  8. |
  9. 4
  10. |
  11. 5
  12. |
  13. weiter

Dr. Christian Wolf / dasGehirn.info – Gemeinnützige Hertie-Stiftung, Neurowissenschaftliche Gesellschaft e. V., ZKM | Zentrum für Kunst und Medientechn.
Stand: 18.01.2013

Keine Meldungen mehr verpassen – mit unserem wöchentlichen Newsletter.
Teilen:

In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Das Heureka-Prinzip
Wie funktioniert das kognitive Lernen bei Mensch und Tier?

Sultan und das Obst
Können Affen durch Einsicht lernen?

Von Hundepfeifen und Hühnern
Assoziatives versus kognitives Lernen

Der Plan im Kopf
Lernen durch mentale Repräsentationen der Umwelt

Symbole und Erwartungen
Welche Rolle spielen abstraktes Denken und Vorwissen?

Diaschauen zum Thema

News zum Thema

Hunde begreifen neue Wörter anders als wir
Border Collie verbindet den Namen eines Objekts mit dessen Größe und nicht mit der Form

Lernen im Schlaf funktioniert - mit Einschränkungen
Das Gehirn kann zumindest bestimmte neue Informationen abspeichern

Junge Singvögel und Kleinkinder lernen auf ähnliche Weise
Gesangstraining und Sprechenlernen aktivieren ähnliche Hirnareale

Kinder und Affen lernen nach dem Mehrheitsprinzip
Menschen und Schimpansen folgen bei der Weitergabe von Verhaltensweisen eher der Masse

Affen beherrschen Vorstufe des Lesens
Paviane können geschriebene englische Wörter von gleichlangen Nichtwörtern unterscheiden

Dossiers zum Thema