Irak und Syrien formulieren historisch bedingte Ansprüche auf das Wasser von Euphrat und Tigris, nutzen sie diese doch schon seit Jahrhunderten. Darüberhinaus betrachten sie die beiden Ströme als „internationalen Flüsse“ und berufen sich auf das Prinzip der „territorialen Integrität“, das durch unilaterale Wasserabzweigungen – hier seitens der Türkei – verletzt wird. Die Türkei sieht die Situation dagegen anders und betrachtet sich als „Eigentümer“ der Quellen von Euphrat und Tigris. Basierend auf dem Prinzip der absoluten territorialen Souveränität „gehört“ damit das Wasser ihnen und eine Rücksichtnahme auf andere Länder ist nicht notwendig.
Sollte den beiden arabischen Ländern ein Recht auf Wasser aus den Flüssen zustehen, so die weitere Argumentation der Türkei, müßte der Türkei auch ein Anteil an den Ölvorräten vor allem des Iraks gewährt werden. Nach dem „Prinzip der guten Nachbarschaft“ regelt die Türkei den Abfluß zur Zeit in der Praxis allerdings recht „großzügig“ – zumindest gemessen an den eigenen Maximalforderungen.
Das internationale Recht ist nicht eindeutig. Eine Einstufung von Euphrat und Tigris als „internationaler Fluß“, dessen Nutzung sich zumindest für die Schiffahrt unter den Anrainerstaaten in Laufe der Geschichte geklärt hat und durch internationale Verträge verankert ist, scheint aber unstrittig. „Internationale Fluß“ ist ein juristischer Begriff und wurde so definiert: Als Flußlauf, der von seiner Quelle bis zu seiner Mündung ins Meer durch zwei oder mehr Länder fließt.
Einen Schritt weiter geht sogar das 1997 vom VI. Ausschuß der Vollversammlung der Vereinten Nationen vorgelegte „Übereinkommen zur nicht-schiffahrtlichen Nutzung von grenzüberschreitenden Wasserläufen“, das eine „ausgewogene“ und „vernünftige“ Nutzungsverteilung zwischen den Anrainerstaaten vorsieht. Damit scheint sich eher die Sichtweise von Syrien und Irak als international gültig zu bestätigen. Problem: das Übereinkommen ist zur Zeit noch in der Ratifizierungsphase.
Stand: 27.05.1999