Mehr als 2.000 Jahre ist es her, dass Menschen zum ersten Mal nachweislich am Rhein nach Gold gesucht haben. Die Kelten waren damals die Pioniere der Goldwäscherei an den Ufern von Deutschlands größtem Fluss und brachten bereits beträchtliche Mengen des gelben Edelmetalls aus den Flusssanden ans Tageslicht. Wenig später die Römer, und vermutlich dann auch die Alemannen, pflegten die Tradition weiter und verwendeten die zahlreichen gefundenen „Samen der Sonne“ für diverse Gebrauchs- und Kultgegenstände oder erste Rheingoldmünzen.
Später kam es dann zu einer Art frühchristlichem „Goldrausch“ am Rhein, der während des gesamten Mittelalters anhielt. Die einzelnen Rheingoldkörnchen oder Flitterchen, wie die Partikel im Miniaturformat auch genannt werden, hießen damals „güldene Flügelein“ und wurden auch später bis ins 19. Jahrhundert hinein vor allem von den armen Bevölkerungsschichten wie Bauern, Fischer oder Handwerker gewaschen.
Besonders vielversprechend oder goldhöffig, wie man im Fachjargon sagt, waren die Sedimente und Schotter an den Flussbiegungen und auf den Inseln, die während der Hochwässer im Frühling und Herbst immer wieder von heftigen Überschwemmungen heimgesucht und mit mehr oder minder reichem Goldnachschub versehen wurden.
Eine lange Tradition hat die Goldwäscherei in Deutschland vor allem am badischen Oberrhein. Allein zwischen 1748 und 1874 wurden hier wie historische Quellen belegen von Goldwäschern, sogenannten Goldern, mindestens 366 Kilogramm Gold aus dem Fluss geholt. Um an das wertvolle gelbe Element zu gelangen, verwendeten die Wäscher schon damals Pfannen oder Waschbänke. Manchmal wurden aber auch nur Tücher auf Sandbänken oder Sandablagerungen aufgehängt in denen sich bei den periodischen Flusshochwassern die zum Teil winzigen Partikel verfingen.
Eine Tonne Gold aus dem Rhein?
Das gesammelte Edelmetall lieferten die Golder anschließend in Sammelstellen oder Münzstätten ab, erhielten dort aber lediglich einen amtlich festgesetzten „Dumping“-Preis, der den wahren Wert des Goldes nicht annähernd wiedergab. So war es nicht erstaunlich, dass sich im Laufe der Zeit ein reger Schwarzmarkt für Gold entwickelte. Fahrende Händler und Goldschmiede vor Ort oder in näherer Umgebung kauften große Teile des gewaschenen Goldes und verarbeiteten es weiter.
Historiker schätzen deshalb, dass im angegebenen Zeitraum mindestens das Dreifache der offiziellen Menge, demnach etwa eine Tonne Gold, aus den Fluten und Sedimenten des Rheins gefördert wurde.
Trotz aller Tricks beim Goldverkauf reichte der Erlös bei den meisten Goldwäschern nicht zum Lebensunterhalt aus. Schuld daran war neben dem niedrigen Goldpreis die geringe Ausbeute. Zwar bewegten Goldwäscher während ihrer schweisstreibenden Tätigkeit pro Tag bis zu zwölf Kubikmeter Flussand, doch was dann letztlich an Goldkörnern und Flitterchen in der Waschpfanne hängen blieb, war eher kläglich. Bei einem dreiköpfigen Golder-Team im badischen Raum kamen in einem ganzen Jahr gerade mal 20 Gramm Gold zusammen.
Die Haupteinnahmequelle der Branche war deshalb eine ganz andere. Bis zum Siegeszug des Löschpapiers in Europa hielt der schwarze Streusand, der bei der Goldwäsche anfiel und in Amtsstuben, Kanzleien und Behörden gerne zum Trocknen der Tinte verwendet wurde, viele arme Leute am Leben. Das Rheingold war nicht mehr als ein willkommener „Beifang“, ein einträgliches Nebenprodukt der Löschsandgewinnung. Zu einem Hype wie am Klondyke oder in Kalifornien reichten die Vorkommen im Rhein nicht aus.
Verwendet wurde das Rheingold wie schon bei den Kelten und Römern für Münzen, Kultgegenstände oder Schmuck. Inschriften wie „Ex auro Rhenano“ (= aus Rheingold) oder „Ex sabulis Rheni“ (= aus Rheinsand) belegen die Herkunft solcher Kostbarkeiten. Berühmt geworden sind beispielsweise die Rheingold-Dukaten aus dem Jahr 1767, die heute im Geldmuseum der Bundesbank Frankfurt ausgestellt sind oder das Toiletten-Service der Großherzogin Stefanie von Baden, das die gesamte dortige Goldjahresproduktion aus zwei Jahren verschlang.
Stand: 29.04.2005