Neben den bandförmigen Spuren der Schnecken begegnen dem Wattwanderer aber auch noch auffälligere Spuren – Tritte und Watschelspuren der Wat- und Wasservögel, die sich das reichhaltige Nahrungsangebot natürlich auch nicht entgehen lassen. Es gibt nur ein Problem. Die Vogelschwärme bevölkern das Watt wenn Ebbe ist. Dann sind die meisten kleinen Bewohner des Watts nicht zu sehen, sie verkriechen sich unter der Oberfläche, verstecken sich so vor ihren Feinden.
Doch die Vögel haben auch ihre Tricks. Sie haben sich schon soweit spezialisiert, das jede Vogelart den Schnabel hat den sie braucht, um an ihre Lieblingsspeise heranzukommen und sie zu fressen. Mal muss der Boden oder das seichte Wasser nach einem Wurm, Kleinkrebs oder Jungfisch durchsiebt werden, dann wieder ist eine harte Schalen zu knacken, bevor die Muschel oder der Krebs verspeist werden kann. Harte Arbeit, aber dafür ist der Tisch auch immer sehr reichhaltig gedeckt.
Mehr Vögel als sonstwo in Mitteleuropa
Das Wattenmeer der Nordsee ist nicht ohne Grund das vogelreichste Gebiet in Mitteleuropa. Gleichzeitig ist es zentrale Drehscheibe auf dem Ostatlantischen Zugweg der Küstenvögel. Sie rasten hier und schöpfen neue Energiereserven für ihre nächste Etappe zwischen den Brutgebieten im Norden und den Überwinterungsregionen im Süden. Im Spätsommer/Frühherbst werden deshalb über drei Millionen Küstenvögel in der Wattenmeerregion gesichtet. Die Zahl der Vögel, die innerhalb eines Jahres hier Station machen, liegt aber mit zehn bis zwölf Millionen wesentlich höher. Ornithologen schätzen, dass etwa 50 verschiedene Vogelarten Jahr für Jahr das Wattenmeer bevölkern. Der Knutt beispielsweise legt auf seinem Rückflug von Afrika nach 6.000 Flugkilometern hier einen Zwischenstop ein, um sich für den Weiterflug nach Sibirien zu stärken.
Neben der Bedeutung für die Zugvögel, ist das Watt auch für Brutvögel eine sehr wichtige Anlaufstelle. 400.000 Vogelpaare, darunter vor allem Möwen, Austernfischer, Rotschenkel, Säbelschnäbler, Seeschwalben, Gänse und Enten, nutzen die Wattenmeerlandschaft zum Brüten.
Das Wattenmeer ist zudem die Kinderstube für Fische wie Heringe, Schollen und Seezungen. Insgesamt 63 Fischarten leben hier. Im Sommer sind die Plattfische übermächtig – sie machen dann fast zwei Drittel der Fischbevölkerung aus. Plattfische sind räuberische Arten, die sich tückischerweise auch noch so gut wie unsichtbar machen können. Sie passen entweder ihre Hautfarbe der Umgebung an oder verbuddeln sich so im Sand, dass nur noch die Augen herausgucken.
Nicht zu vergessen in der Vielfalt des Wattenmeeres sind die wenigen hier vorkommenden Meeressäuger. Die bekanntesten unter ihnen sind die Seehunde und Kegelrobben.
15.244 Seehunde wurden 1999 im gesamten Wattenmeer gezählt. Nachdem vor zehn Jahren 60 Prozent des Seehundbestandes durch einen Virus getötet wurden, scheinen sich die Bestände wieder erholt zu haben. Die Raubtiere mit den Kulleraugen werden bis zu 1,70 Meter lang und 100 Kilogramm schwer. Besonders bekannt sind die „Heuler“. Sie haben ihren Namen erhalten, weil die jungen Seehunde wenn sie von ihrer Mutter getrennt werden, Klagelaute ausstoßen um mit ihr in Kontakt zu bleiben.
Echte Raritäten
Kegelrobben sind im Vergleich dazu echte Raritäten. Nur bei der Insel Terschelling (Niederlande) und bei Amrum gibt es zwei ständige Kolonien. Zu Wanderungszeiten werden bei Amrum bis zu 120 Tiere gezählt, ansonsten sind es nur circa 25 Kegelrobben.
Eine weitere Besonderheit im Wattenmeer sind die ungefähr 264.000 hier lebenden Schweinswale. Besonders beliebt bei den Walen, die auch Kleine Tümmler genannt werden, sind die Gewässer westlich von Sylt und Amrum, weshalb sie Ende 1999 zum Walschutzgebiet erklärt worden sind. Schweinswale haben in der Nordsee keine natürlichen Feinde. Wenn sie zu Tode kommen, dann meistens durch Fischfangnetze. Der Schweinswal – einer der kleinsten Wale der Welt – wird bis zu 180 Zentimeter lang und 70 Kilogramm schwer.
Stand: 09.09.2005