Die Gefahr einer Pilzvergiftung durch Verwechslungen beim Pilzesammeln trifft nur die Sammler selbst und die Personen, für die sie die Giftpilze zubereiten. Für deutlich mehr Menschen gefährlich sind dagegen Pilzgifte, die sie unwissentlich über verunreinigte Lebensmittel aufnehmen. Besonders häufig ist dies bei pilzlichen Pflanzenschädlingen der Fall, die auch Nutzpflanzen wie Getreide befallen.
Mit Giftpilzen verunreinigtes Getreide
So vernichten beispielsweise Arten des Echten Mehltaus (Erysiphaceae) durch ihre Mykotoxine ganze Ernten an Weizen, Gerste oder anderem Getreide. Erkennbar ist der Pilzbefall zunächst an weißen, watteartigen Pilzkolonien auf der Blattoberfläche, gefolgt von verwelkenden Blättern. Für die befallene Pflanze kann das tödlich sein. Und auch Menschen, die Körner des verpilzten Getreides essen, können noch Spuren der Toxine aufnehmen – mit ernsten gesundheitlichen Folgen wie Verdauungs- und Atemproblemen.
Gleiches gilt für den Fusarium-Pilz, der durch seine Gifte jährlich Millionen Tonnen Weizen für den menschlichen Verzehr unbrauchbar macht. Sein Toxin Deoxynivalenol verursacht beispielsweise Erbrechen und Übelkeit, andere seiner Gifte wie Zearalenon stören den Hormonaushalt und können bestimmte Krebsformen begünstigen. „Mit Fusarium-Toxinen kontaminiertes Getreide kann eine signifikante Gefahr für unsere Gesundheit darstellen“, erklärt Neil Brown von der University of Bath. Die Auswirkungen der Pilzgifte seien zudem erst in Teilen bekannt. Sorgen bereitet ihm vor allem eine mögliche Langzeitwirkung von chronisch belastetem Weizen.
„Antoniusfeuer“ des Mutterkorns
Ein weiterer Pilz, der Getreide wie Roggen befällt, ist das Mutterkorn (Claviceps purpurea), das hochgiftige Alkaloide herstellt. Der Verzehr des befallenen Korns führt zu tödlichen Organschäden. Im Mittelalter war die weit verbreitete Mutterkorn-Vergiftung als „Antoniusfeuer“ gefürchtet. In der heutigen Landwirtschaft kommt der Pilz dank Pflanzenschutzmitteln (Fungiziden) und strenger Kontrollen nicht mehr vor.
Wie Forschende per Zufall herausfanden, sind jedoch zahlreiche Schlickgraswiesen entlang der Nordsee in Deutschland, den Niederlanden und Belgien mit Mutterkorn befallen. Das sei eine potenzielle Gefahr für Kinder, Hunde und Schafe auf den Deichen, die im Herbst und Winter die Überwinterungsorgane des Pilzes, sogenannte Sklerotien, verzehren.
Landwirtschaftliche Schimmelpilze
Auch der Schimmelpilz Aspergillus flavus befällt Nutzpflanzen wie Baumwolle, Mais, Erdnuss und Pistazie, vor allem in den USA, in Afrika und Asien. Einige Stämme des „Pinselschimmels“ produzieren hochgiftige und krebserregende Aflatoxine, die vor allem ärmeren Ländern allgegenwärtig sind und neben Krebs bei Kindern auch Entwicklungsstörungen verursachen können. Einige wenige Stämme von Aspergillus flavus produzieren hingegen natürlicherweise keine Toxine. Forschende versuchen daher seit einigen Jahren, mit solchen Pilzen ihre „bösen Verwandten“ in der Landwirtschaft zu verdrängen.
Ein weiteres Beispiel für landwirtschaftliche Schimmelpilze sind die Trichoderma-Arten, die eine Vielzahl an Pflanzen befallen können und ein ganzes Arsenal an Giftstoffen produzieren. Einige dieser Toxine richten sich gegen andere Pilze und Bakterien, was einige Trichoderma-Pilze wiederum als „Schutzpilz“ und Alternative zu synthetischen Pflanzenschutzmitteln für Ackerflächen interessant macht. „Diese Pilze könnte man ganz einfach auf Felder aufbringen, so wie man das heute mit Kunstdünger macht“, sagt Irina Druzhinina von der TU Wien.
Teilweise wird mit Giftpilzen kontaminiertes Getreide, das für den menschlichen Verzehr verboten ist, an Nutztiere verfüttert, da dort geringere Grenzwerte gelten. Doch auch die Tiere können teils durch die Mykotoxine Schaden nehmen.