„…Flipper, Flipper gleich wird er kommen. Jeder kennt ihn, den klugen Delfin.“ Auch wenn der Bekanntheitsgrad des legendären Meeressäugers in Spitzenzeiten selbst den von Franz Beckenbauer oder dem Pabst in den Schatten gestellt hat, den legendären weißen Hai aus dem Horrorschocker von Stephen Spielberg im Jahr 1975 kennen vermutlich noch mehr Menschen. In dem Streifen mit Roy Scheider als Polizeichef Martin Brody und Richard Dreyfuss als Hooper geht ein gewaltiger weißer Meeresräuber an den Stränden des kleinen Badeortes Amity Island erfolgreich auf Jagd nach Menschenfleisch und sorgte dabei für Gänsehaut in den Kinosälen.
Es sind solche Filme und zahlreiche Meldungen von (angeblichen) Hai-Attacken, die den Knorpelfischen ihren verhängnisvollen Ruf als erbarmungslose Killermaschinen, als allesfressende Monster eingebracht haben.
Dabei sind Haie in Wirklichkeit meist nicht besonders gefräßig. Der so gefürchtete Weiße Hai beispielsweise geht nur alle ein bis zwei Monate auf Jagd und bevorzugt dabei Seehunde, Robben oder Tunfische. Der Blauhai, ebenfalls als Menschenfresser verschrien, benötigt durchschnittlich gerade mal etwa 300 Gramm Nahrung pro Tag. Zum Vergleich: Ein Schwertwal der Marke „Free Willy“ verspeist täglich Beutetiere mit einem Gewicht von bis zu vier Prozent seines eigenen Körpergewichtes.
Haie – Mörder der Meere? Demnach eher nein. Und auch was die Bedrohung des Menschen durch Hai-Attacken angeht, ist vieles vom Negativimage eher auf Seemannsgarn oder eine sensationslüsterne Berichterstattung zurückzuführen.
Gerade mal 50 bis 75 Hai-Angriffe registriert der International Shark Attack File, die zentrale Meldestelle für solche Unglücke, im Durchschnitt jährlich. Lediglich fünf bis 15 davon enden für die betroffenen Taucher, Schwimmer oder Surfer tödlich. Ein verschwindend geringer Wert, denn die Gefahr von einer herabfallenden Kokosnuss getötet zu werden, ist für jeden Menschen mindestens zehnmal so hoch. Und allein in den USA sterben nach Angaben von NZZ Folio der Zeitschrift der Neuen Zürcher Zeitung vier bis zehn mal so viele Einwohner durch Wespen- und Bienenstiche oder Blitzschlag wie durch Hai-Übergriffe.
Selbst wenn es einmal zu einem der wenigen Hai-Attacken auf Badegäste kommt, steckt – so haben Wissenschaftler herausgefunden – weniger Bösartigkeit oder Gier nach Menschenfleisch hinter dem Angriff, sondern es handelt sich eher um Verwechslungen. So ähnelt ein Surfer, der auf seinem Brett liegend auf dem Meer paddelt von unten fatal einer Robbe und wird deshalb vom Hai als potentielle Beute identifiziert. Gefährlich kann es für den Homo sapiens aber auch dann werden wenn sich Blut im Wasser befindet oder er in die Territorien der Haie eindringt.
Auch wenn die Hysterie um die Gefährlichkeit der Haie angesichts solcher Zahlen und Fakten völlig übertrieben scheint, ist bei manchen Arten aber durchaus Vorsicht angesagt. Der Tigerhai beispielsweise, der in den küstennahen Meeren der Tropen und Suptropen lebt, erreicht nicht nur eine Länge von bis zu acht Metern, er ist auch ein Allesfresser. Meeresschildkröten fallen ihm genauso zum Opfer wie andere Haie oder Tintenfische. Er verschmäht aber auch Aas, Abfälle und Menschenfleisch nicht. Ja man hat sogar gelegentlich bereits Blechdosen, Plastikflaschen oder Tetrapaks in seinem Magen entdeckt.
Stand: 06.07.2003