Chemiker sind Molekülarchitekten, die hochkomplexe Verbindungen aufbauen oder genauer gesagt synthetisieren können. Das können Naturstoffe sein, also Verbindungen, die man in Lebewesen findet, aber auch Käfigmoleküle für Treibhausgase oder molekulare Gebilde mit ästhetischem Anspruch.

Geometrische Moleküle
Maßgeschneiderte chemische Bindungen können beispielsweise genutzt werden, um sogenannte Catenane zu generieren. Das sind Substanzen, die aus zwei oder mehr mechanisch ineinander verschlungenen Molekülringen bestehen. Die Natur macht uns das vor bei ringförmigen Nukleinsäuren oder bei den oft polyedrisch geformten Kapsiden, den Proteinverpackungen des Virenerbguts.
Wir Chemiker bedienen uns dagegen aus unseren eigenen Trickkisten, um Moleküle in maßgeschneiderten geometrischen Formen herzustellen – beispielsweise als Ringe, Zahnräder oder sogar ganze Motoren im Nanomaßstab. Im Jahr 2016 erhielten drei Pioniere in der Entwicklung solcher chemischen Nanokonstrukte sogar den Chemie-Nobelpreis.
Unsere Arbeitsgruppe hat die Komplexität der Catenane gesteigert, indem wir für ihre Synthese nicht zweidimensionale Ringe, sondern dreidimensionale Körper verwendet haben. Dazu gehören etwa hochsymmetrische geometrische Körper wie platonische oder archimedische Körper, die aus entweder gleichartigen oder unterschiedlichen regelmäßigen Vielecken bestehen. Realisiert wurden bereits Moleküle in Gestalt von Tetraedern (mit vier Flächen), Hexaedern (mit sechs Flächen), Dodekaedern (mit zwölf Flächen) und viele mehr.