Wie verschmutzt ist die Luft in Deutschland wirklich? „Die Messungen übernehmen bundesweit mehr als 650 feste Messstationen“, sagt UBA-Experte Marcel Langner. Dazu kommen noch spezielle Messsysteme für die Forschung wie das MobiLab aus Jülich. „Dessen Vorteil ist, dass wir auch während der Fahrt messen können“, sagt Robert Wegener.
Dabei bekomme man zwar immer nur eine Momentaufnahme der aktuellen Situation. Dafür registriert der rollende Luftanalysator aber jede Sekunde einen Messwert, während die fest installierten Systeme meist den Durchschnitt für eine Stunde angeben. „Wir können also auch sehr feine Unterschiede in der Schadstoffverteilung erfassen“, erklärt der Forscher.
Stickoxide: An Werktagen mehr
Vor allem in Stuttgart und Berlin hat er mit seinen Kollegen in den vergangenen Jahren solche Messungen durchgeführt. Die Wissenschaftler konzentrieren sich dabei unter anderem auf Tunnel. Denn hier sammeln sich die Abgase, sodass die Forscher einen Eindruck vom Schadstoffausstoß des gesamten Straßenverkehrs gewinnen können. Die Emissionen können dabei von Tag zu Tag stark variieren.
Das gilt zum Beispiel für die viel diskutierten Stickoxide. Für das Gas Stickstoffdioxid, das die Atemwege und das Herz-Kreislauf-System schädigen kann, liegen die Werte an Werktagen besonders hoch. Am Wochenende, wenn vor allem Pkw unterwegs sind, haben die Jülicher Forscher im Verhältnis zum Kohlendioxid geringere Konzentrationen dieses Schadstoffs gemessen. „Das zeigt, dass der Lkw-Verkehr an diesem Problem einen großen Anteil hat“, sagt Robert Wegener.
Ozon: die Vorgängersubstanzen sind entscheidend
Am Beispiel des Stickstoffdioxids zeigt sich auch ein weiteres Problem mit der Luftbelastung: Die Schadstoffe gehen in der Luft Reaktionen miteinander ein und bilden weitere problematische
Verbindungen. Das ebenfalls atemwegsreizende Ozon (O3) zum Beispiel quillt nicht direkt aus dem Auspuff, sondern entsteht unter dem Einfluss des Sonnenlichts aus Stickoxiden und flüchtigen organischen Kohlenwasserstoffen (VOC).
Beide wurden früher in großen Mengen im Straßenverkehr frei, sodass im Sommer in den Städten oft hohe Ozonkonzentrationen auftraten. Heute ist das anders: Dank der Katalysatoren sind seit den 1990er-Jahren die Stickoxid- und VOC-Emissionen von Benzinern stark zurückgegangen. Bei Dieselfahrzeugen gilt das aber nur für die VOC, ihr Stickoxidausstoß wurde nur unwesentlich reduziert. „Für die gesamte Fahrzeugflotte gesehen ist das Verhältnis zwischen diesen beiden Vorläufern deshalb nicht mehr günstig für die Ozonbildung“, erklärt Robert Wegener.
Weniger Stickoxide – mehr Ozon?
Falls es gelingt, künftig auch die Stickoxidemissionen der Dieselfahrzeuge zu reduzieren, könnte sich das aber paradoxerweise ändern, sodass die Ozonbelastung wieder ansteigen würde. „Das heißt allerdings nicht, dass wir die Stickoxid-Emissionen auf dem heutigen Niveau lassen sollten“, betont der Jülicher Forscher. Denn NO2 gehört außerdem zu jenen Gasen, die durch chemische Reaktionen zur Bildung von Partikeln führen und damit die Feinstaubkonzentrationen in die Höhe treiben.
Quelle: Kerstin Viering / Helmholtz Perspektiven