Heutzutage sind Proteine nicht mehr lediglich im Körper im Einsatz. Sie dienen längst auch als nützliche Helfer bei so alltäglichen Dingen wie dem Wäschewaschen, aber auch bei der Produktion von Kleidung oder in der Medizin.
So verrichten beispielsweise Enzyme, die Fette und Stärke spalten, diese Arbeit nicht nur bei der Verdauung: Solche Lipasen und Amylasen sind effektiver Bestandteil in nahezu jedem modernen Waschmittel. Dort zerlegen sie Verunreinigungen im Stoff, die Bruchstücke lassen sich dann wesentlich leichter auswaschen.
Ebenfalls einen unerwünschten Störfaktor beseitigt das Enzym Lactase: Es spaltet den Doppelzucker Laktose in seine Einzelteile Galaktose und Glukose. Menschen mit Laktoseintoleranz können dieses Enzym in Tabletten zu sich nehmen, um ihren Mangel an Lactase auszugleichen. Es wird ebenfalls eingesetzt, um laktosefreie Milch herzustellen, indem es die enthaltene Laktose aufspaltet und unschädlich macht.
Insulin: Protein aus Genmanipulation
Wenngleich die Aminosäuresequenz eines Proteins bekannt ist, so ist die synthetische Produktion dennoch aufwändig und meist unwirtschaftlich. Hergestellt werden industriell genutzte Proteine daher oft biotechnologisch: einem Stamm von kultivierten Bakterien oder Hefezellen wird ein zusätzliches Gen eingeschleust. Der manipulierte Mikroorganismus fängt dann an, neben den üblichen Bestandteilen seines Stoffwechsels auch das Protein nach den neu eingesetzten Bauplänen zu produzieren. Wenn alles so funktioniert wie es soll, lässt sich das fertige Protein aus der Kulturflüssigkeit isolieren, reinigen und einsetzen.
Das Hormon Insulin ist ein solches Protein, das sich in genmanipulierten Escherichia coli Bakterien oder Bäckerhefezellen herstellen lässt. Zuvor musste Insulin aus den Bauchspeicheldrüsen von Schweinen gewonnen werden. Insulin ist ein wichtiges Medikament zur Behandlung von Diabetes, da Diabetiker es nicht in ausreichender Menge selbst herstellen können. Verwendet wird allerdings nicht das Hormon, wie es tatsächlich im Menschen vorkommt, sondern verschiedene Analoga. Diese unterscheiden sich nur in wenigen einzelnen Aminosäuren vom Humaninsulin. Diese Analoga haben den Vorteil, dass sie sich länger lagern lassen. Außerdem lassen sie sich besser medikamentös verabreichen, zum Beispiel als Injektionslösung oder zum Inhalieren.
Seide: begehrte Proteinfaser
Wesentlich älter als die Proteinproduktion in umprogrammierten Bakterien ist die Haltung von Seidenraupen. Die gesponnenen Kokons der Seidenraupe werden angeblich schon seit dem dritten Jahrtausend vor Christus genutzt, um Seidenfäden zu gewinnen. Auch Seidenfasern bestehen aus fadenförmigen Proteinen, ähnlich dem Kollagen des Bindegewebes. Die Eigenschaften, die den Seidenstoff so beliebt machen, verleihen ihm die Proteine: Seide ist leicht, aber fest, isoliert bemerkenswert gut gegen Hitze und Kälte, und besticht nicht zuletzt durch den typischen Seidenglanz.
Doch nicht nur Stoff lässt sich aus den einzigartigen Proteinfasern herstellen. Als Pulver ist Seide ein Zusatz in vielen Kosmetika. Eine amerikanische Forschergruppe erprobte vor kurzem sogar eine medizinische Anwendung: Aus Seidenprotein gebackene Schrauben sind demnach hart und stabil genug, um gebrochene Knochen miteinander zu verschrauben. Dabei sind sie gleichzeitig wesentlich verträglicher als Metallteile, die bisher verwendet werden. Sie werden außerdem mit der Zeit vom Körper abgebaut und müssen nicht in einer erneuten Operation entfernt werden.
Noch nicht kommerziell genutzt, aber intensiv erforscht wird zurzeit ein ähnliches Naturprodukt: Spinnenfäden sind bei vergleichbarer Dicke etwa viermal so reißfest wie Stahl. Das Material soll zukünftig eine ganze Reihe Produkte hervorbringen, von bioverträglichen Fäden in der Chirurgie bis hin zu überragenden kugelsicheren Westen. Mit Spinnenseide überzogene Brustimplantante führen angeblich zu weniger Komplikationen.
Ansgar Kretschmer
Stand: 21.03.2014