Beuteltiere sind jedoch keineswegs nur friedliche Blätter- oder Grasfresser, es gibt auch echte Raubtiere unter ihnen. Die wiesel- bis marderartigen Raubbeutler besitzen ein ausgesprochenes Raubtiergebiss und fressen Insekten und Kleintiere. Am Beutel hat die Natur dafür bei ihnen eher gespart: Er ist nur dann voll ausgebildet, wenn sich Junge darin befinden. Ansonsten verflacht er wieder und hat die Form eines hochgewachsenen Hautringmuskels.
Eine sehr spezielle Ernährungsweise haben die eichhörnchenähnlichen Ameisenbeutler entwickelt. Diese rattengroßen Bodenbewohner ernähren sich, wie der Name schon sagt, hauptsächlich von Ameisen und Termiten. Dazu haben sie wie die amerikanischen Ameisenbären eine lange vorstreckbare Zunge ausgebildet.
Ein äußerliches Äquivalent zu Hasen und Kaninchen findet sich in der Familie der Nasenbeutler oder Beuteldachse: die Kaninchen-Nasenbeutler. Sie leben in Parklandschaften, wo sie tiefe Erdbauten graben. Ihre Ohren erinnern an Hasenlöffel, die lange spitz zulaufende Schnauze gab ihnen den Namen Nasenbeutler.
Amerikanische Spezialisten
Die Opossums, die auf den amerikanischen Kontinent beschränkt sind, sind die progressivste Familie der Beuteltiere. Sie haben über 70 Arten entwickelt und ihr Verbreitungsgebiet zieht sich von Südamerika bis hinauf nach Kanada. Auch in Australien gibt es Beutler, die umgangssprachlich als Opossums bezeichnet werden. Sie gehören jedoch zu einer anderen Familie, nämlich den Kletterbeutlern, und sind mit den Koalas verwandt. Die echten, nordamerikanischen Opossums, von denen hier die Rede ist, gehören zur großen Familie der Beutelratten. Sie konnten sich von allen Beutlern am besten gegen die höheren Säugetiere behaupten und haben sich als Allesfresser zu ausgesprochenen Kulturfolgern entwickelt, die den Menschen bis in die Städte hinein begleiten.
Erstaunlicherweise findet man unter den Beuteltieren nicht wenige Vertreter, die anderen Säugetieren von anderen Kontinenten, mit denen sie überhaupt keine verwandtschaftliche Beziehung haben, in Lebensweise und Aussehen stark ähneln. Die grasenden Kängurus nehmen die Stelle der großen Huftiere anderer Kontinente ein, die Raubbeutler finden ihr Gegenstück in kleinen Katzen, größere Raubtiere werden durch den Beutelwolf oder den Beutelteufel vertreten. Eine der gravierendsten Ähnlichkeiten zeigt sich zwischen den Beutelmullen, Goldmullen und Maulwürfen. Diese plumpen Tiere leben alle unterirdisch und sind bestens an eine grabende Lebensweise angepasst. Die Krallen der Hände wurden zu starken Grabklauen, die Füße ruderartig umgebildet und die Augen sind extrem weit zurückgebildet. Pupille, Linse und Glaskörper fehlen, da gut entwickelte Augen unter der Erde nicht von Nutzen wären.
Diese Ähnlichkeit zwischen nicht verwandten Tieren – als Konvergenz bezeichnet – kommt nicht dadurch zustande, dass die Tiere verwandt sind und einen gemeinsamen Vorfahren haben, sondern nur dadurch, dass sie eine ähnliche Lebensweise haben und gleiche ökologische Nischen besetzen. So haben sich z. B. Goldmull in Afrika und Beutelmull in Australien völlig unabhängig voneinander an ihre Lebensweise angepasst.
Stand: 06.10.2006