In den USA verfolgen die Behörden mit dem Programm TOXCAST eine andere Strategie, Alternativen zu Tierversuchen zu nutzen. Dabei geht es um einen Paradigmen-Wechsel in der Toxikologie: weg von klassischen Tierversuchen und hin zu einer Kombination verschiedener Alternativmodelle, molekularbiologischer Methoden und Computerverfahren zur Ableitung mechanistisch begründeter Stoffbewertungen und zur gegebenenfalls notwendigen Priorisierung für gezielte Tiermodell-gestützte Untersuchungen.
Die Umsetzung dieser auch als „Toxikologie des 21. Jahrhunderts“ bezeichneten Vision wird allerdings erheblich mehr Zeit benötigen, als in REACH zur toxikologischen Bewertung der im Markt befindlichen Stoffe vorgesehen ist. Es kommt jetzt also darauf an, die bereits heute verfügbaren Ersatzmethoden und Computermodelle auch tatsächlich einzusetzen, soweit dies technisch möglich ist.
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Europa: Computer nur als Ausschlusskriterium
Allerdings haben Computermodelle – sie basieren auf quantitativen und qualitativen Struktur-Wirkungs-Beziehungen von ähnlichen Chemikalien und werden QSAR-Methoden genannt – in Europa häufig weniger Gewicht bei regulatorischen Entscheidungen. Und sie werden wie alle Alternativmethoden bisher eher zur Belastung und weniger zur Entlastung eines Stoffes verwendet.
„Das ist ein Zustand, der sich auf Dauer nicht mit dem Ziel von REACH verträgt, tatsächlich unter möglichst großer Nutzung von Alternativmethoden Entscheidungen herbeizuführen“, schätzt Professor Gerrit Schüürmann ein, der am UFZ seit Jahren an der QSAR-Entwicklung arbeitet. „Macht ein Unternehmen diese Erfahrung mehrfach, dann wird es natürlich sagen: Davon habe ich nichts. Im Grunde handelt es sich nur Nachteile ein. Wenn QSAR sagt ‚grün‘, dann gilt das nicht, wenn QSAR aber sagt ‚rot‘, dann gilt es. Die Behörden dagegen konzentrieren sich darauf, neue Anhaltspunkte für kritische Stoffeigenschaften zu bekommen. Das ist einfach nicht deckungsgleich in der Motivation.“
UFZ / Tilo Arnold
Stand: 04.02.2011