Sie haben die dreifache Fläche Mallorcas oder die mehrfache Größe des Saarlandes: Immer wieder wird in den Medien von riesigen Eisbergen berichtet, die vom Schelfeis des antarktischen Kontinents wegbrechen. So auch im März 2002. In den Spätsommermonaten der südlichen Hemisphäre löste sich eine Fläche von 3.250 Quadratkilometern von der Eiskante im Osten der antarktischen Halbinsel. Die gigantische Eisscholle mit Namen Larsen B zerbarst in nur einem Monat in tausend kleinere Eisberge.
Für die im Allgemeinen recht langsamen Vorgänge im Eis war dies ein rasend schneller Prozess. Das Schmelzwasser des vergangenen Sommers war, so vermuten Wissenschaftler, in kleine Risse an der Oberfläche des Tafeleisbergs eingedrungen und hatte die etwa 220 Meter dicke Eisschicht regelrecht auseinander gesprengt. Die Überreste des rund 12.000 Jahre alten und 720 Milliarden Tonnen schweren Tafeleisberges treiben seitdem durch das Weddelmeer und den südlichen Atlantik.
Immer größer, immer mehr
Das Wegbrechen von großflächigen Eisbergen ist für die Antarktis jedoch nichts Ungewöhnliches. Denn das Inlandeis fließt stetig, ähnlich wie das Wasser der Flüsse nur erheblich langsamer, in Richtung Meer. So schieben sich die Eismassen der Gletscher ungefähr zehn bis 20 Jahre lang vom Land auf die Küstengewässer hinaus. Irgendwann wird die Eiskante schließlich instabil und die Tafeleisberge brechen ab. Es handelt sich dabei um einen ganz natürlichen Vorgang, der die Eismassen im Gleichgewicht hält. Doch die großen Eisschollen brechen in den letzten fünf Jahren immer häufiger und in immer größeren Dimensionen ab.
Ein Beispiel: Oktober 1998. Deutschen Polarforschern stockt der Atem. Im antarktischen Frühjahrsmonat bricht vom Ronne-Schelfeis ein rund 2.900 Quadratkilometer großer „Eiswürfel“ weg. Erst 15 Jahre zuvor wurde auf dieser bis dato größten Schelfeistafel der Antarktis die deutsche Filchner-Forschungsstation errichtet. Da die Station nur in den Sommermonaten der Südhalbkugel genutzt wird, war sie zum noch nicht besetzt, als sie sich mitsamt des Eises vom Schelf löste. Die auf Stelzen stehende Forschungscontainer des Basislagers konnten erst im Februar des darauffolgenden Jahres geborgen werden. Im Mai 2000 trennten sich erneut drei weitere Eisgiganten von der Filchner-Ronne-Schelfeiskante. Und auch vom Ross-Schelfeis löste sich im März 2000 der mit einer Gesamtfläche von rund 10.000 Quadratkilometer bis dato größte Eisberg der Welt. Eine Laune der Natur?
Angekündigtes Naturspektakel
Zumindest das Auseinanderbrechen von Larsen B im Jahr 2002 kündigte sich schon weit im Voraus an und war für viele Wissenschaftler daher alles andere als überraschend. Denn bereits in den vergangenen fünf Jahren hatte die gewaltige Eistafel vom Larsen-Schelfeis eine Fläche von 5.700 Quadratkilometern verloren und schmolz somit in kürzester Zeit auf 40 Prozent seiner ursprünglichen Größe. Die anschließende, eher untypische Zerstückelung in viele kleine Eisberge ist jedoch für die Klimaforscher mehr als Besorgnis erregend. Denn diese eher ungewöhnliche Art der Auflösung eines Eisbergs ist vermutlich klimatisch bedingt, denn erst durch die immer längeren und wärmeren Sommermonate konnte sich ausreichend Schmelzwasser bilden.
Stand: 22.09.2003