Pferde, die auf einer Wiese grasen, meiden oft ganz bestimmte Pflanzen. Auch Vögel zeigen oft eine Abneigung gegen die Früchte einiger Sträucher und Bäume. Und das aus gutem Grund – denn es gibt jede Menge giftiger Pflanzen.
Die Produktion von Gift ist oftmals eine Abwehrreaktion der Pflanzen gegen Fressfeinde. Die Giftstoffe werden als sogenannte sekundäre Pflanzenstoffe, als Nebenprodukte normaler Stoffwechselwege – zum Beispiel beim Zitratzyklus – gebildet. Manche Pflanzen produzieren sogar hormonähnliche Stoffe, die bei den Insekten, die sie mit den Blättern verzehren, zu Entwicklungsstörungen führen können. Als Schutz gegen Pflanzenfresser muss das Gift nicht überall gleich verteilt sein. Bei der Kartoffel sind daher auch nur Blätter, Blüten und Früchte giftig, während die Knollen durchaus genießbar sind.
Schon kleinste Mengen an Pflanzengiften können auch uns Menschen gefährlich werden. Der Eisenhut, die giftigste Pflanze in ganz Europa, bildet das stark wirksame Alkaloid Aconitin. Schon wenige Gramm der Pflanze enthalten drei bis sechs Milligramm des Stoffes und wirken für einen erwachsenen Menschen tödlich.
Das beliebteste Mordgift des Mittelalters
Kein Wunder, dass der Eisenhut eine bewegte Geschichte aufzuweisen hat: So war Aconitin in der Antike und im Mittelalter das beliebteste Mordgift. Der Eisenhut hat unter anderem Pabst Hadrian VI und den römischen Kaiser Claudius auf dem Gewissen. Ein Anschlag auf den Propheten Mohammed im 7. Jahrhundert schlug zwar fehl – Mohammed hatte das Gift am bitteren Geschmack erkannt – angeblich soll er aber drei Jahre später doch noch an den Folgen des Aconitin gestorben sein.
Sogar Verbrecher wurden im alten Griechenland damit hingerichtet. Allerdings nur die, die besonders schwere Vergehen begangen hatten, denn der Tod durch Aconitin ist besonders grausam. Bereits in geringen Dosen verursacht das Gift eine Blockierung der motorischen Endplatten durch Lähmung der sensiblen Nervenendigungen. Der Tod erfolgt durch die dadurch resultierende Atemlähmung oder durch Herzstillstand.
Pfeilgift aus der Tollkirsche
Neben dem Eisenhut gibt es aber zahlreiche weitere Beispiele aus dem Giftschrank der Natur. Nachtschattengewächse produzieren zum Beispiel ein Gift, das nach dem Verzehr Erbrechen und innere Blutungen auslöst, es kann aber auch die Leber schädigen. Das Gift des Oleanders greift das Herz an, das tödliche Alkaloid des Gefleckten Schierling führt ähnlich wie Aconitin zu Muskellähmung und Atemnot. Die Wirkstoffe der Tollkirsche wurden bereits in der Steinzeit als Pfeilgift verwendet. Taxin, ein Alkaloidgemisch der Eibe, lähmt das Zentralnervensystem und führt zu Herzstillstand und ein Gift des Adlerfarns zerstört sogar das Knochenmark.
Pflanzen sind also keineswegs dem hungrigen Treiben der Pflanzenfresser schutzlos ausgeliefert, sondern wissen sich sehr wohl zu wehren.
Nicht immer aber hat das Pflanzengift die gewünschte Wirkung: Die Larven des Monarchfalters etwa können das Gift von Seidenfadengewächsen, ihrer bevorzugten Nahrung, ohne Probleme aufnehmen. Aber nicht genug damit, dass das Toxin die Larven nicht davon abhält, die Pflanze zu fressen, es nutzt ihnen sogar noch. Sie speichern das Gift und sind nun ihrerseits selber für Fressfeinde giftig und somit besser geschützt.
Stand: 06.06.2002