Die Glasproduktion ist kein Monopol des Menschen. Auf der Erde gibt es auch natürliche Gläser. Sie heißen Obsidian, Moldavit oder Fulgurit und entstehen unter höchsten Temperaturen bei Vulkanausbrüchen, Meteoriten- und Blitzeinschlägen.
Auch die natürlichen Gläser haben das typische amorphe Gefüge, weil sie schockartig abgekühlt wurden und die Minerale des Gesteins in der kurzen Zeit nicht kristallisieren konnten. Die chemischen Zutaten der Gesteine können dabei ganz unterschiedlich sein.
Vulkane
Obsidian besteht aus den gleichen Mineralen wie Granit – aus Feldspat, Quarz und Glimmer. Dennoch sehen beide Gesteine völlig unterschiedlich aus: Während im Granit auch mit bloßem Auge einzelne Kristalle zu erkennen sind, ist der typische Obsidian meist durchgängig tiefschwarz. Obsidian ist vulkanischen Ursprungs. Er entsteht aus gasreichem, zähem Magma, das an die Oberfläche geschleudert wird, wo es dann schnell erkaltet.
Kommt das Magma an die Oberfläche, wo geringerer Druck herrscht, als im Untergrund, oder wird die Lava mehr als 1.000 Grad Celsius heiß, dehnt sich das in der Schmelze enthaltene Gas aus und bläht das flüssige Gestein auf. Wenn die Schmelze dann erkaltet, bevor das Gas austreten kann, entsteht der von Gasblasen durchsetzte, schaumige Bimsstein, auch ein natürliches Gesteinsglas.
Meteoriten
Bei Meteoriteneinschlägen entstehen auch natürliche Gläser, die so genannten Tektite. Früher würden sie für Meteoriten aus Glas gehaltenen, sie sind aber wie der Obsidian irdischen Ursprungs. Durch die enorme Temperatur bei Explosionen mit einer Kraft von mehreren hunderttausend Atombomben schmelzen die Gesteine im Meteoritenkrater nicht nur, sie verdampfen. Bei schneller Abkühlung in der Atmosphäre kondensiert der Gesteinsdampf und verfestigt sich wiederum so rasch, dass auch die Tektite im amorphen Glaszustand bleiben und als „Glasregen“ auf die Erde niedergehen.
Als vor 15 Millionen Jahren ein kilometergroßer Meteorit auf das süddeutsche Schichtstufenland fiel und in Schwäbische und Fränkische Alb zerteilte, stürzte er nicht senkrecht auf die Erde. Der Meteorit, der das Nördlinger Ries schuf, kam aus westlicher Richtung. Und wie ein Kieselstein auf dem Wasser spritzte er Material auf, das vor allem nach Osten davongetragen wurde. Selbst an der Moldau, 300 Kilometer vom Einschlagkrater entfernt, entstand damals noch Glas, das eine ähnliche Zusammensetzung wie das Gestein im Rieskrater aufweist – der grünlich-durchscheinende Moldavit. Auch er ist ein natürliches Gesteinsglas und gleichzeitig ein einmaliges Zeugnis für den Meteoriteneinschlag im Nördlinger Ries.
Blitze
20 bis 30 Millionen Blitze gibt es täglich auf der Erde, jeder 1.000 bis 20.000 Grad Celsius heiß. Nur zehn Prozent davon schlagen in den Boden ein. Doch trifft ein Blitz zufällig auf Sand, führt das zu einer ungewöhnlichen Hinterlassenschaft. Bei diesen Temperaturen schmilzt der Sand und erkaltet ebenso plötzlich. Weil der Blitz auch im Boden seine Form behält, ist das unter diesen Umständen entstandene Glas röhrenförmig, verzweigt und in der Mitte hohl. Diese nach dem lateinischen Wort für Blitz als Fulgurite benannten Blitzröhren können mehrere Meter lang werden.
Stand: 08.10.2004