In der Folge dieser Entdeckungen wandten sich immer mehr Forscher nach Süden, um das neu entdeckte Land zu erkunden. Einer der bedeutendsten dieser frühen Entdecker ist der Engländer James Clark Ross. Mit mehrjähriger Erfahrung in polaren Gewässern bricht er im Oktober 1839 mit zwei Schiffen, der Erebus und der Terror Richtung Antarktis auf. Sein Ziel: Er will den magnetischen Südpol finden. Acht Jahre früher hatte Ross bereits den magnetischen Nordpol lokalisiert und er hat nun keinesfalls die Absicht, die Entdeckung des Gegenpols einem anderen zu überlassen.
Sein eigens Meer
Am Neujahrstag 1841 überquert Ross den südlichen Polarkreis und stößt kurz darauf auf Packeis. Es gelingt den beiden Schiffen jedoch, diese Eisbarriere zu passieren und sie erreichen ein nur dünn mit Eis bedecktes Meeresgebiet – es wird heute ihm zu Ehren als Rossmeer bezeichnet.
Schon wenige Tage später sehen sie in der Ferne vor sich eine riesige weiße Bergkette in den Himmel ragen – die Küste der Antarktis. Während sie weiter darauf zu segeln, beginnt die Kompassnadel sich seltsam zu verhalten. Ross schließt daraus, das er sich dem magnetischen Südpol, seinen ersehnten Ziel, bis auf 500 Kilometer genähert haben muss.
Am 28 Januar 1841 bietet sich der Expedition eine weitere Überraschung: Auf einer vorgelagerten Insel speit ein gigantischer Vulkan Rauch und Feuer. Der Schiffsarzt notiert in seinem Tagebuch: „Die ganze Küste ist eine einzige Masse schneeglänzender Gipfel. Davor jedoch erhebt sich eine dunkle Rauchwolke, von Flammen umgeben. Sie steigt in einer fast ungebrochenen geraden Säule von Vulkankegel auf. …Dieser Anblick übertrifft alles bisher gesehene, es ruft ein Gefühl der Ehrfurcht hervor…“ Nach seinen beiden Expeditionsschiffen tauft Ross den aktiven Vulkan Erebus und seinen kleineren, inaktiven „Bruder“ Terror.
Unüberwindbare Hürde
Während die Schiffe stetig nach Süden steuern, bemerkt Ross einige Tage später eine niedrige weiße Linie, die sich soweit das Auge sehen kann ostwärts erstreckt. „Als wir näher kamen, entpuppte sie sich als eine senkrechte Eiswand, zwischen 45 und 60 Meter hoch, völlig flach und eben an der Oberseite und ohne Spalten oder größere Vorsprünge auf der Seeseite.“, so Ross in seinem Tagebuch.
Mehr als 300 Kilometer segeln Ross und seine Mannschaft an dieser Schelfeisgrenze entlang, immer in der Hoffnung, doch noch eine Einfahrt zu finden. Mitte Februar muß Ross allerdings einsehen, dass es diese Barriere für ihn und seinen Schiffe unüberwindbar ist: „Wir haben in etwa die gleiche Erfolgschance wie bei einem Versuch, durch die weißen Klippen von Dover zu segeln.“ Er tauft das später nach ihm benannte Schelfeis „Viktoriabarriere“ und beschließt, es erst im nächsten Südpolarsommer erneut zu versuchen.
Vom Pech verfolgt
Dieser zweite Versuch ist allerdings vom Pech verfolgt. Im Packeis werden beide Schiffe durch die Wucht der umhertreibenden Eisschollen beschädigt und am Eisschelf angekommen, ist es so kalt, das sogar ein Fisch an der gefrorenen Bordwand der Erebus kleben bleibt. Eine Durchfahrt ist auch diesmal nicht in Sicht. Auf dem Rückweg kollidiert die Erebus beinahe einen Eisberg, sie kann zwar ausweichen, rammt dabei aber die Terror. Nur ein gewagtes Manöver durch Ross verhindert in letzter Minute, das die Schiffe Totalschaden erleiden. Schwer beschädigt, aber gerade noch seetüchtig erreicht die Expedition Ende März 1842 die Falkland Inseln.
Nach einem dritten erfolglosen Versuch, weiter nach Süden vorzudringen, verläßt James Ross 1843 endgültig das südliche Polarmeer und kehrt heim nach England.
Nach dem Ende der letzten Ross-Expedition waren die Antarktis und das Südpolarmeer fast 50 Jahre lang wieder die fast ausschließliche Domäne der Pelztierjäger und Walfänger. Erst 1895 sollte der sechste internationale Geographische Kongress eine neue Ära der Polarforschung einläuten.
Stand: 15.01.2000