In der Serie „Star Trek“ erscheint es ganz einfach: Wann immer größere Entfernungen zu überwinden sind, nutzt die Crew des Raumschiffs Enterprise den Warp-Antrieb. Mit ihm kann es in Überlichtgeschwindigkeit selbst fernste Galaxien erreichen. Reisen schneller als das Licht? Nach den Regeln der klassischen Physik ist das absolut unmöglich – oder doch nicht?
Surfen auf der Raumzeit-Welle
Nach Einsteins Relativitätstheorie kann nichts schneller sein als die Lichtgeschwindigkeit, so jedenfalls haben wir es in der Schule gelernt. Doch es gibt ein Schlupfloch aus Einsteins eherner Regel: Für die Raumzeit selbst, die Grundmatrix unseres Universums, gilt diese Obergrenze nicht. Sie kann sich durchaus schneller ausdehnen als es die klassische Physik erlaubt – und hat es nach gängiger Theorie während der kosmischen Inflation auch getan.
Nach ganz ähnlichem Prinzip soll der – fiktive – Warp-Antrieb des Raumschiffs Enterprise funktionieren: Er erzeugt eine lokale Verwerfung in der Raumzeit, bei der die kosmische Grundmatrix vor dem Schiff gestaucht, hinter ihm aber gedehnt wird. Ähnlich wie sich Punkte auf einem Luftballon beim Aufblasen voneinander entfernen, ist dadurch ein zuvor direkt hinter dem Schiff liegender Stern plötzlich Lichtjahre weit entfernt. Umgekehrt bringt die Kompression der Raumzeit ein zuvor weit vor dem Schiff liegendes Sternensystem jetzt in Reichweite.
Der Clou dabei: Das Raumschiff bleibt relativ zu seiner lokalen Raumzeitmatrix unbewegt, es surft wie in einer stillen Blase auf der Welle der Raumzeit mit. Dadurch verletzt es weder Einsteins Gesetze noch müssen die Reisenden an Bord tödliche G-Kräfte bei der Beschleunigung oder relativistische Effekte wie eine starke Zeitdehnung befürchten.
Alcubierres Warp-Blase
Soweit die Science-Fiction. Doch wie sieht es in der Realität aus? Rein physikalisch ist eine solche Form des Warp-Antriebs durchaus denkbar, wie der mexikanische Physiker Miguel Alcubierre bereits im Jahr 1994 vorrechnete. Seinem mathematischen Modell nach könnte ein Raumschiff durch eine lokale Verformung der Raumzeit sogar das Zehnfache der Lichtgeschwindigkeit erreichen – sozusagen „Warp zehn“.
Der Haken liegt allerdings in der Erzeugung der lokalen Raumzeitverwerfung: Um eine solche „Warp-Blase“ zu produzieren, müsste man so viel Energie aufbringen, wie in der gesamten Masse des Planeten Jupiter gespeichert ist. Und womit die Raumzeit in die gewünschte Dehnung und Stauchung gebracht werden kann, ist ebenfalls schleierhaft. Alcubierre schlug in seinem Konzept vor, das Raumschiff mit einem Ring aus exotischer Materie mit negativer Masse zu umgeben. Dieser Ring würde dann, so seine Vorstellung, als Gegenspieler der Gravitation agieren und durch seinen Einfluss die Raumzeit verformen.
White und sein oszillierender Warp-Ring
Ist demnach ein Warp-Antrieb doch unmöglich? Nach Ansicht des NASA-Physikers Harold White nicht unbedingt. Seinen Berechnungen nach ließe sich beim Alcubierre-Antrieb viel Energie sparen, wenn man den „Warp-Ring“ wie einen Donut formen und ihn in Oszillation versetzen würde. Ein solcher Warp-Antrieb würde dann nur so viel Energie in Form exotischer Materie benötigen, wie in die Voyager-Raumsonde passt. Woher diese exotische Materie allerdings kommen soll, konnte auch er nicht beantworten.
Vor einigen Jahren sorgte White für Furore, als er bei einem Experiment erste Anzeichen für einen realen Warp-Effekt nachgewiesen haben wollte. Er nutzte dabei einen kleinen Hochspannungs-Ringkondensator, um den oszillierenden Warp-Ring eines Raumschiffs nachzuahmen. Ein Laser-Interferometer registrierte etwaige Verformungen der Raumzeit – und soll dies nach Aussagen von White auch getan haben. „Es ist nur eine mikroskopische Variante dieses Phänomens, wir haben die Raumzeit nur um ein Zehnmillionstel verformt“, berichtete der Forscher.
Auch der von White im Jahr 2015 getestete EM-Drive – eine Art elektromagnetisches Perpetuum mobile – soll ähnliche „Warp-Signaturen“ hervorgerufen haben. Dabei handelte es sich um einen hohlen Metallkegel mit einem Mikrowellenfeld im Inneren. Angeblich sollen allein die Kollisionen der Mikrowellen-Photonen mit der nach außen weiter werdenden Metallwand einen winzigen Schub erzeugen – und gleichzeitig die Raumzeit um ein winziges Bisschen verformen.
Oder doch nur Science-Fiction?
Allerdings: Nahezu alle anderen Physiker sind mehr als skeptisch. Denn der von White und seinen Kollegen beschriebene EM-Antrieb widerspricht Grundgesetzen der Physik und der Effekt ist so gering, dass er im Bereich der Messungenauigkeit liegt. Zudem konnten Wiederholungen des Experiments durch andere Forscher die Messergebnisse nicht bestätigen.
Ein echter Warp-Antrieb bleibt wohl vorerst noch Science-Fiction. Dennoch schließen Wissenschaftler nicht aus, dass eine solche gezielte Manipulation der Raumzeit irgendwann einmal möglich sein wird. Wer weiß, ob nicht unsere Nachfahren doch eine Technologie finden, um einen solchen Antrieb Wirklichkeit werden zu lassen.
Nadja Podbregar
Stand: 23.02.2018