Phänomene

Warum Citizen Science?

Jeder Mensch kann der Forschung helfen

Viele wichtige wissenschaftliche Entdeckungen und Errungenschaften stammen von neugierigen Menschen ohne tiefergehende wissenschaftliche Ausbildung. Denn noch vor 200 bis 300 Jahren waren die meisten Wissenschaftler noch nicht die Spezialisten, die sie heute vielfach sind.

Amateurastronomen entdeckten den Jahrhundertkometen Hale-Bopp. © Wikimedia Commons / Mkfairdpm (CC BY-SA 3.0)

Wachsender Bedarf an Amateurwissenschaftlern

Berühmte Entdecker und Naturforscher wie Charles Darwin, Isaac Newton oder Alexander von Humboldt hatten zwar studiert, doch betrieben sie ihre Forschung praktisch nebenbei. Auch der Mönch Gregor Mendel, Entdecker der ersten Vererbungsregeln, war gewissermaßen Wissenschaftler im Nebenberuf. Teilweise ist das noch immer so: Die Entdecker vieler Kometen und Asteroiden waren Amateurastronomen, wie etwa beim „Jahrhundertkometen“ Hale-Bopp.

Der Bedarf an Amateurwissenschaftlern ist heute größer denn je: In der modernen Forschung fallen wissenschaftliche Daten in enormer Menge an. Ob tausende Fotos aus den Ozeanen, Steppen und Urwäldern der Erde, Millionen Bilder vom Hubble-Weltraumteleskop oder Milliarden von Megabytes an Daten aus dem Teilchenbeschleuniger LHC: Diese Datenflut zu verarbeiten, auszuwerten und die wichtigen Informationen darin zu finden, gleicht oft der Suche nach der Nadel im Heuhaufen. Leistungsfähige Computer übernehmen mittlerweile einen großen Teil diese Arbeit.

Menschenmassen ersetzen Computer

Doch es gibt etwas, das Computer trotz aller technischen Fortschritte der letzten Jahre nur wenig beherrschen: Bilder erkennen und auswerten. Wir Menschen sind den Maschinen beim Erkennen von Mustern und Motiven noch immer haushoch überlegen. Mit einem einzigen Blick auf eine Abbildung können wir einzelne Objekte unterscheiden und benennen.

Ein Löwenmännchen mustert die Kamerafalle © SnapshotSerengeti

Darum setzen immer mehr Wissenschaftler auf massenhafte Unterstützung aus der breiten Öffentlichkeit. Das Internet macht es möglich: Bilder lassen sich in kurzer Zeit über die ganze Erde verbreiten. So konnten beispielsweise Alexandra Swanson von der University of Oxford und ihre Kollegen rund 1,2 Millionen Fotos aus dem Serengeti-Nationalpark online an 28.000 freiwillige Helfer verteilen.

Schneller und zuverlässiger als jeder Computer erkannte diese Masse an Teilnehmern, ob auf den von Kamerafallen gelieferten Bildern überhaupt etwas Sehenswertes zu erkennen ist, und welche Tiere jeweils in die Falle tappten. „Wenn wir nur an Löwen und Leoparden interessiert wären, hätten wir diese Bilder selbst klassifiziert“, erklärt Swanson. „Aber bei allein hunderttausenden Bildern von Gnus und Zebras kamen wir einfach nicht hinterher.“

Vierzigtausend Augen sehen mehr als zwei

Solche wissenschaftlichen Projekte mit Beteiligung einfacher Bürger – „Citizen Science“ – haben für alle Seiten große Vorteile: Zum einen können natürlich überhaupt erst die großen Datenmengen bewältigt werden. Gleichzeitig sinkt auch die Wahrscheinlichkeit, etwas zu übersehen: Vier Augen sehen mehr als zwei, doch vierzigtausend Augen sehen noch viel mehr.

Gleichzeitig können die freiwilligen Helfer an der Forschungsarbeit aktiv mitwirken und Einfluss darauf nehmen. Anstatt wissenschaftliche Sachverhalte nur verständlich erklärt zu bekommen, können Interessierte selbst ein Teil der Arbeit werden. So entsteht ein engerer Dialog zwischen Wissenschaftlern und Bevölkerung und das gegenseitige Verständnis wächst. Davon ist auch die Bundesministerin für Bundesministerin für Bildung und Forschung Johanna Wanka überzeugt: „Citizen Science hat das Potenzial, die Wissenschaft nachhaltig zu stärken.“

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Ansgar Kretschmer
Stand: 16.10.2015

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In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Citizen Science
Wissenschaft für alle

Warum Citizen Science?
Jeder Mensch kann der Forschung helfen

Das passende Projekt für jeden
Online-Plattformen bündeln Citizen Science

Nicht auswerten, selber machen
Bürgerwissenschaftler sammeln eigene Daten

Gamification: Spielerisch forschen
Wissenschaftliche Probleme als Computerspiel

Kickstart für wissenschaftliche Massenarbeit
Kleine Einzelbeiträge helfen dem großen Ganzen

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