Vom kleinsten Einzeller bis zum größten Säugetier – bei fast allen lebenden Organismen finden sich Rhythmen, die durch einen inneren Zeitmesser gesteuert werden. Das Prinzip der inneren Uhr zieht sich quer durch alle Entwicklungsstufen. Doch warum? Weshalb folgen fast alle Lebensäußerungen einem zyklischen Ablauf?
Einen Teil der Antwort liefert William Schwartz, Neurologieprofessor an der University of Massachussetts. Er konstatiert: „Alle biologischen Uhren sind Anpassungen an eine sich drehende Welt.“ Die Erde als Lebensraum von Pflanzen und Tieren ist durch eine Vielzahl von natürlichen Rhythmen geprägt: Weil unser Planet sich um sich selbst dreht, gibt es den Wechsel von Tag und Nacht – einen der wichtigsten Zeitgeber unserer Umwelt.
Gleichzeitig kreist die Erde aber auch um die Sonne und aus ihrer elliptischen Bahn und der Neigung der Erdachse zu dieser Bahn folgen die Jahreszeiten. Auch der Mond produziert seine eigenen Rhythmen. Seine Schwerkraft lässt alle 12,4 Stunden die Gezeiten der Meeres wechseln und alle 25 Tage hat er einen Umlauf um die Erde vollendet, ein Mondmonat ist vorüber.
Innere Uhr sichert das Überleben
Aber brauchen Lebewesen wirklich eine inneren Uhr um auf diese Rhythmen zu reagieren? Würde es nicht auch ausreichen, einfach die äußeren Reize als Zeitgeber zu nutzen? Schließlich ist der Wechsel von Tag und Nacht nicht zu übersehen und auch die Jahreszeiten machen sich doch schließlich relativ eindeutig bemerkbar. Doch ganz so einfach ist es nicht.
Für viele Organismen ist es entscheidend wichtig, bestimmte Veränderungen schon im Vorhinein zu kennen. Für die Tiere der Gezeitenzone kann es beispielsweise tödlich sein, wenn sie sich nicht rechtzeitig vor Beginn der Ebbe ins tiefere Wasser zurückziehen, und sich so vor dem Trockenfallen schützen. Und Winterschläfer wie Igel oder Bären müssen schon im Herbst wissen, dass der Winter näher kommt, damit sie ein entsprechendes Fettpolster anfressen und sich eine geeignete Ruhestätte suchen können. Um zu merken, dass die Tage kürzer werden, muss der Igel oder Bär daher eine innere Uhr besitzen, die ihm sagt, wie lang ein Tag ist.
Doch nicht nur für die richtigen Reaktionen auf eine sich verändernde Umwelt, auch für das Zusammenleben der Organismen brauchen Lebewesen Uhren: Sie koordinieren beispielsweise das Ausschwärmen vieler Insekten und helfen dadurch Männchen und Weibchen dabei, sich zu finden. Tiere, die sich von nachtaktiver Beute ernähren, müssen eine innere Uhr haben, die sie nachts aufweckt und alle Stoffwechselprozesse rechtzeitig auf „aktiv“ umgestellt hat. Andererseits haben diejenigen Beutetiere am ehesten eine Überlebenschance, die dann aktiv sind, wenn der Jäger wiederum tief und fest schläft…
Stand: 27.03.2002