Mit 170 Stundenkilometern fegte Hurrikan Isabel im September 2003 über die US-Ostküste hinweg und hinterließ eine Schneise der Verwüstung – aufgerissene Highways, entwurzelte Bäume und massive Überschwemmungen waren unter anderem die Folge. Millionen von Menschen waren ohne Strom. Die Sachschäden, die Hurrikan Isabel verursachte, belaufen sich auf ungefähr fünf Milliarden US-Dollar.
Doch wie entsteht ein solcher Wirbelsturm?
Ein Hurrikan ist ein tropischer Wirbelsturm riesigen Ausmaßes und mit unglaublicher Zerstörungskraft. Je nach geographischem Ursprung heißt er auch Taifun (Südost- und Ostasien), Zyklon (Indien) oder Willy-Willy (Australien). Der bei uns geläufigste Begriff „Hurrikan“ bezeichnet die tropischen Wirbelstürme Nord- und Mittelamerikas sowie der Karibik.
Doch so unterschiedlich die Bezeichnungen auch sind, Entstehung und Aussehen dieser Stürme der Extraklasse sind weltweit identisch:
Die gigantischen Tiefdruckwirbel bilden sich ausschließlich über großen und ausreichend tiefen Meeresflächen mit einer Wassertemperatur von mindestens 27°C – und das noch in 60 Metern Tiefe. Auf der Nordhalbkugel entstehen sie deshalb vorwiegend im Sommer und frühen Herbst. Zusätzlich beeinflusst die Corioliskraft (= die ablenkende Kraft der Erdrotation) die Entstehung der Wirbelstürme. Durch die Drehung der Erde erhalten die Hurrikans erst ihre charakteristische Wirbelform. Auf der Nordhalbkugel drehen sie sich gegen den Uhrzeigersinn, auf der Südhalbkugel mit ihm. In der Höhe dürfen zudem keine starken Windveränderungen (Scherwinde) vorhanden sein, da sonst die aufsteigenden Luftströme auseinander gerissen werden.
Ein Sturm entsteht
Intensive Sonneneinstrahlung heizt die tropischen Ozeane auf und lässt große Wassermengen verdunsten, die von der Luft aufgenommen werden. Dieser beim Verdunstungsprozess entstehende Wasserdampf gilt als Hauptenergiequelle und Motor der Wirbelbildung. Die feuchtwarmen Luftmassen steigen in große Höhe von bis zu 20 Kilometern auf. Bei der Kondensation des Waqserdampfs wird erhebliche Wärme und somit Energie frei, die den Prozess weiter antreibt. Haben sich die riesigen atmosphärischen Wärmekraftmaschinen erst einmal in Gang gesetzt, sind sie kaum zu stoppen, da sie sich mehr oder weniger selbst mit neuer Energie versorgen.
Damit diese Zirkulation aber überhaupt entstehen kann, muss in den unteren Luftschichten eine konvergente Strömung vorhanden sein, in der Höhe aber eine Divergenz. Das bedeutet, dass über dem Ozean Luftmassen aus verschiedenen Richtungen aufeinander treffen. Oberhalb der inzwischen hochaufgetürmten, dunklen Wolkenmassen wird die Luft nach außen geworfen, gegen die Drehrichtung der Wirbelstürme abgelenkt, um dann – über ein großes Areal verteilt – abzusinken. Hinzukommt, dass durch das Aufsteigen der aufgewärmten Luft, unten Luft „fehlt“ – ein Unterdruck entsteht, der wiederum Luftmassen aus der Umgebung ins Innere des Wirbelsturms ansaugt. Immer mehr warme und feuchte Luftmassen strömen von allen Richtungen ein, steigen auf, kühlen dabei ab und fließen wieder seitlich ab. Ein zerstörerischer Kreislauf beginnt…
Der Sturm wird zum Hurrikan
Durch die ständige Energiezufuhr schießt immer mehr Luft spiralförmig in die Höhe und rotiert um die Achse des Wirbels. Mit der Zeit bildet sich im Zentrum eine kreisförmige Tiefdruckzone heraus – das so genannte Auge des Hurrikans, in dem es fast windstill ist. Die Größe des Auges schwankt zwischen acht Kilometern und bis über 200 Kilometern; meistens erreicht sie jedoch einen Durchmesser von 30 bis 60 Kilometern. Hier sinkt die kalte Höhenluft ab. Die Wolken trocknen von oben her ab und somit bleibt es in diesem Bereich niederschlagsfrei. Blauer Himmel oder Sterne werden so im Zentrum des gewaltigen Wirbelsturms sichtbar, während rings um das Auge der Hurrikan tobt. Sintflutartige Regenfälle ergießen sich aus der bedrohlichen, dunklen Wolkenwand des Wirbelsturms. In wenigen Stunden können 500 bis 1.000 Millimeter Niederschlag fallen. Bis zu 3,6 Millionen Tonnen Luft kann ein Hurrikan bewegen.
Der Luftdruck in einem Hurrikan ist nicht konstant und fällt vom Rand in Richtung Auge rapide ab. Der niedrigste Luftdruck (etwa 900 hPa) herrscht im Auge des Hurrikans. Gleichzeitig nimmt die Windgeschwindigkeit bis zur Wolkenwand, die das Auge umschließt, zu. In dieser Wand erreicht der Wind seine Höchstgeschwindigkeit von bis zu 380 Kilometern in der Stunde.
Langsam aber gewaltig
Die Geschwindigkeit, mit der sich ein Hurrikan fortbewegt, erscheint dagegen gering: Die „Reisegeschwindigkeit“ beträgt in niederen Breiten acht bis 32 Kilometer pro Stunde, in höheren Breiten können es bis zu 80 Kilometer pro Stunde werden. Diese Geschwindigkeit wird von der Stärke der Drehbewegung und der Langlebigkeit verursacht, die wiederum vom Tempo der aufsteigenden Luft abhängt. Ein Hurrikan kann so über mehrere Tage oder sogar Wochen, wüten. Den Ausdauer-Rekord hält Hurrikan John (1994), der 31 Tage lang über den Ozean fegte.
Sobald der Hurrikan Land erreicht, reißt seine Energiezufuhr ab, da keine weitere Feuchtigkeit nachgeliefert werden kann. Außerdem ist an Land die Reibung erheblich höher als über der Meeresoberfläche. Trotzdem reicht die verbleibende Energie des Wirbelsturms aus, um verheerende Schäden in küstennahen Gebieten anzurichten.
Auf Satellitenbildern erscheint ein Hurrikan als riesiger weißer Wolkenwirbel, der dem rotierenden Wasser im Badewannen-Abfluss ähnelt. Der Durchmesser eines Hurrikans kann mit seinen Randbereichen bis zu 1.500 Kilometer erreichen. Die Ausläufer von Hurrikan Floyd (1999) erstreckten sich von den Karibischen Inseln bis nach England. Allerdings gibt es auch – im Verhältnis – sehr kompakte Hurrikans von gerade einmal 200 Kilometern Durchmesser.
Stand: 02.07.2004