Sprache ist das, was den Menschen ausmacht. Zwar würden einige an dieser Stelle erwidern, dass auch andere Lebewesen miteinander kommunizieren. Stimmt. Tatsächlich können die verschiedenen Spezies auf vielfältige Weise miteinander Informationen austauschen. Sie können sogar einzelne Symbole oder Wörter als Bezeichnungen für verschiedene Dinge und Objekte lernen.
Vor allem Hunde und Menschenaffen zeigen hier beeindruckende Fähigkeiten. Was sie dabei jedoch lernen, ist eine Assoziation zwischen einem bestimmten abstrakten Symbol oder einer akustischen Wortform und einem Objekt, zum Beispiel dem Begriff „Auto“ und einem realen PKW. Sie eignen sich also jedes „Wort“ durch Assoziationen einzeln an. Wörter zu lernen, ist es demnach nicht allein, was menschliche Sprache ausmacht.
Auf die Regeln kommt es an
Was ist es dann? Es ist die Gabe, Wörter nach bestimmten Regeln zu kombinieren. Denn lose aneinandergereihte Wörter ergeben noch keine Sprache. Erst, wenn sie nach einem festgelegten Regelwerk aneinander gefügt werden, ergeben sie eine Bedeutung. Kinder besitzen schon in jüngstem Alter einen Sinn für diese Regeln, Menschaffen sind hingegen nicht in der Lage, grammatikalische Regeln zu lernen, die jenen einer Sprache entsprechen.
Nehmen wir zum Beispiel eine Liste an Wörtern. Schlafen, grün, farblos, wütend, Ideen. Kombiniert nach den Regeln der deutschen Grammatik erhalten wir vielleicht den Satz „Farblose grüne Ideen schlafen wütend“. Dieser Satz ist zwar grammatikalisch richtig und lässt sich verarbeiten, weil er den Regeln der Sprache folgt. Einen Sinn ergibt er jedoch nicht.
Syntax und Semantik
Denn es ist nicht nur wichtig, in welcher Reihenfolge wir die Wörter aneinander reihen. Entscheidend ist auch, wie wir diese interpretieren. Der Satzbau, die Syntax, ist somit nur ein Aspekt der Sprache. Ebenso wichtig ist auch die Bedeutung der einzelnen Wörter, die Semantik. Mit ein paar kleinen Änderungen können wir so auch diesem Satz einen Sinn verleihen: „Noch etwas farblose grüne Ideen schlafen wütend in meinem Kopf“ beispielsweise.
Wie jeder nun diesen Satz für sich deutet, ist wiederum abhängig von seinem individuellen Wissen über die Bedeutung von Wörtern, das er in seinem sogenannten mentalen Lexikon des Gehirns gespeichert hat.
Angela Friederici, Michael Skeide und Verena Müller / Max-Planck Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften
Stand: 26.02.2016