Klima

Was sind die Folgen?

Warum Permafrost für uns alle wichtig ist

Ausgerechnet die kältesten Regionen unseres Planeten heizen sich im Zuge des Klimawandels am schnellsten und stärksten auf. Die Temperaturen in der Arktis und den Hochgebirgen haben zwei- bis viermal schneller zugenommen als im weltweiten Durchschnitt. Sowohl an Land als auch im Meer verändern sich die Klimabedingungen dadurch deutlich schneller als erwartet – und das hat auch Auswirkungen auf dem Permafrost.

Eis im Untergrund
Untergrund-Eis des Dauerfrostbodens tritt hier zutage. © Sepp Friedhuber/ Getty images

Zerfallende Landschaften

„Der Klimawandel ist für diese Permafrost-Regionen eine ernsthafte Gefahr“, sagt Jens Strauss vom Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung (AWI). Schon jetzt tauen vor allem die am südlichen Rand der arktischen Permafrostgebiete liegenden Böden immer weiter und tiefer auf. Dadurch wird der Untergrund schlammig und instabil, weil das Eis zwischen den Bodenschichten taut und mit dem Schmelzwasser einfach wegrinnt.

Als Folge sackt der Untergrund ab, Abhänge und Uferkanten geben der Erosion nach und brechen weg, teilweise reißen riesige Löcher auf. Im Westen Alaskas sind im Jahr 2018 nach einem besonders warmen Winter auf einem Schlag 192 Thermokarst-Seen ausgelaufen. Diese flachen Gewässer in Permafrostgebieten entstehen, wenn die obersten Bodenschichten antauen und sich Schmelzwasser sammelt. Wenn jedoch das Untergrundeis bis in größere Tiefen schmilzt, werden die Uferränder dieser Jahrtausende alten Senken instabil und das Wasser läuft aus.

Arktische Lebensweisen und Infrastrukturen in Gefahr

Das Abtauen des Permafrosts verändert aber nicht nur die Landschaft der Arktis – es bedroht auch die Existenz von Millionen Menschen in arktischen Gefilden. Für einige Gemeinschaften im hohen Norden hängt sogar ihre gesamte Lebensweise und Kultur von den gefrorenen Ökosystemen ab. „Diese Menschen haben nur sehr wenig zum Klimawandel beigetragen, sind aber besonders stark davon betroffen“, sagt Strauss.

Schon jetzt kostet der tauende Permafrost allein in Alaska die USA zufolge mehrere 100 Millionen US-Dollar pro Jahr, weil Flughäfen, Straßen, Pipelines und Siedlungen auf instabilen, absackenden oder verschlammenden Böden liegen und verlegt oder ersetzt werden müssen. Einer Studie aus dem Jahre 2018 nach liegen zwischen 48 und 87 Prozent der panarktischen Infrastruktur in Gebieten, in denen der Permafrost bis 2050 abtauen wird. Davon könnten dann 3,6 Millionen Menschen direkt betroffen sein.

Folgen für das gesamte Weltklima

Doch neben diesen direkten Folgen hat das Verschwinden des Permafrosts auch indirekte Effekte – und diese betreffen die gesamte Menschheit. Denn die dauerhaft gefrorenen Böden der Arktis sind wichtige Stellglieder im irdischen Klimasystem. Sie beeinflussen auf gleich doppelte Weise den globalen Energiehaushalt und das Klima.

Permafrost-Kliff
Permafrost-Kliff in der sibirischen Arktis. Die dunklen Stellen sind unzersetztes organisches Material eines Moores. © Lutz Schirrmeister/ AWI

Der erste Grund: In den Dauerfrostböden des hohen Nordens sind enorme Mengen an organischem Material eingefroren. Sobald der Boden taut, wird dieses Material zu einem Festmahl für Mikroben aller Art. Sie können nun die seit Jahrtausenden angesammelten Mengen an energiereichen organischen Verbindungen abbauen. Dabei setzen sie jedoch Treibhausgase in Form von Kohlendioxid, Methan und Lachgas frei. Dieser Einstrom potenter Treibhausgase heizt den Klimawandel noch weiter an, so dass sich das Abtauen des Permafrosts weiter beschleunigt – ein fataler Teufelskreis.

Hinzu kommt eine weitere positive Rückkopplung: Die Oberfläche der Permafrost-Regionen prägt in großem Maße die Albedo unseres Planeten. Denn dort, wo die Böden dauerhaft gefroren sind, bleiben Schnee und Eis lange liegen und bilden weiße Flächen, die das Sonnenlicht reflektieren und so die Aufnahme der solaren Wärme verringern. Weil der Untergrund aber zunehmend wärmer wird, bleiben Schnee und Eis weniger lange liegen und die arktischen Landflächen werden dunkler. Ihre Albedo sinkt und damit nehmen sie mehr Wärme auf – das Erdklima wird zusätzlich angeheizt.

„Langsamer“ Kipppunkt“ im Klimasystem

Das Problem jedoch: Der Permafrost reagiert ähnlich wie die großen Eiskappen und Gletscher der Erde nur träge und mit Verzögerung auf den Klimawandel. Das macht es schwer die tatsächliche Bedrohung für das Erdklima abzuschätzen. Klimaforscher zählen die Dauerfrostböden daher zu den langsamen Kipppunkten – Systemen, die sich ihrem unumkehrbaren „Umkippen“ nur sehr langsam annähern. Ist dann jedoch die kritische Schwelle erreicht, können sich die einmal angestoßenen Veränderungen so verselbstständigen, dass sie für lange Zeit unaufhaltbar sind.

Genau das könnte auch für die Permafrost gelten: „Wenn diese Böden einmal anfangen zu tauen, werden sie Jahrzehnte und sogar Jahrhunderte lang Treibhausgase freisetzen, ohne dass man viel dagegen tun kann“, warnten schon im Jahr 2011 Forscher vom Permafrost Carbon Research Network. Doch wie nahe ist der arktische Permafrost seinem Kipppunkt? Und wann konkret machen sich die Folgen global bemerkbar?

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In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Zeitbombe Permafrost
Die arktischen Dauerfrostböden im Klimawandel

Irdische Tiefkühltruhe
Was ist das Besondere am Permafrost?

Was sind die Folgen?
Warum Permafrost für uns alle wichtig ist

Die Zeitbombe tickt…
Wie schnell taut der Permafrost?

Drei Hotspots und ein schleichender Schwund
Zustand und künftige Entwicklung des Permafrosts

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