Oft auch als Naturvölker oder Ureinwohner bezeichnet, beschreibt der Begriff der indigenen Völker jene Menschen, die in Ländern mit unterschiedlichen Stämmen, als erste Siedler angesehen werden. Sie bewohnten und besaßen das Land, lange bevor Columbus, Magellan oder Vasco da Gama die Welt „entdeckten“. Die neuen Siedler unterwarfen, kolonisierten und vertrieben vielfach die Urbevölkerung. Sie zerstörten ihre Kulturen oder zwängten sie in neue staatliche Strukturen. Große Völker wurden oft ausgelöscht. So sorgte Hernando Cortez 1521 in einer großen Schlacht für den Untergang des Aztekenreiches im heutigen Mexiko – Hunderttausende Anhänger des alten Volkes starben und das gesamte aztekische Großreich ging in Flammen auf.
Viele Kulturen sind in den letzten Jahrhunderten ausgelöscht worden oder mußten ihre traditionellen Lebensweisen aufgegeben. Schätzungen gehen davon aus, dass es heute nur noch 250 bis 300 Millionen Ureinwohner gibt. Sie verteilen sich auf 5.000 Völker in 76 Staaten. Dabei ist mit dem Begriff indigen immer auch eine Selbstidentifikation verbunden, dass heißt die Völker entscheiden selbst, ob sie sich so bezeichnen oder nicht. Gruppen wie die Kurden oder Tibeter tun dies beispielsweise nicht. Den größten Anteil der indigenen Völker bilden die Adivasi in Indien und die Stämme Chinas mit jeweils 70 bis 80 Millionen Zugehörigen.
Doch es gibt unzählige weitere und viel kleinere Völker. Die Pygmäen im zentralafrikanischen Regenwald zählen ebenso dazu wie die Tuareg in den Sahara-Staaten, die Penan in Malaysia, die Bergvölker in Bangladesh und Burma, die Maori in Neuseeland, die Aborigines in Australien, die lnuit in Alaska, Kanada, Grönland und Rußland oder die Saami in Nordeuropa. Sie alle haben ihre Kultur mit eigener Sprache, Religion und eigenen Vorstellungen weitestgehend bewahrt.
Doch auch heute müssen sich diese Völker, vielleicht sogar mehr denn je, staatlichen Strukturen beugen. Ihr seit Jahrhunderten bestehender, aber nirgendwo festgeschriebener Landbesitz wird ihnen entrissen und damit ihre wirtschaftliche Lebensgrundlage genommen. In der Konfrontation mit der westlichen Kultur haben die traditionellen Lebensweisen dann kaum eine Überlebenschance.
Als Argument für den Landraub wird oftmals die Tatsache vorgebracht, dass die Indigenen im Verhältnis zu ihrer Anzahl zu viel Land beanspruchen. Tatsächlich nutzen sie zehn bis fünfzehn Prozent der Landfläche, machen aber nur vier Prozent der Erdbevölkerung aus. Doch die Gebiete liegen meist in den ökologisch empfindlichen Regionen der Erde, in Wüsten und anderen Trockenregionen, in Gebirgen, in den kalten Polarregionen und den Regenwäldern. Sie haben sich so an die Bedingungen dieser Räume angepaßt, dass sie in der oft lebensfeindlichen Umgebung gut überleben und gleichzeitig aber die ursprüngliche Natur nicht zerstören.
Indigene Völker und ihre Lebensräume lassen sich demnach nicht trennen. Ihr enormes Wissen über die komplexen Zusammenhänge ihrer Ökosysteme sorgt dafür, dass die Regionen im Gleichgewicht bleiben. Werden die Gebiete zerstört, so bedeutet dies den Untergang ihrer Kultur.
Stand: 26.11.2001