Nach 36 Jahren der Planung, Vorbereitung und der Herstellung der rund eine Million Einzelkomponenten ist der Bau des Fusionsreaktors ITER nun in vollem Gange. Seit Juli 2020 treffen nach und nach die in den 35 Mitgliedsstaaten des Riesenprojekts produzierten Bauteile im südfranzösischen Cadarache ein und werden in die Anlage eingebaut.

Auf dem Weg zum ersten Plasma
In drei Jahren soll der Fusionsreaktor samt aller Messeinrichtungen fertiggestellt sein und in Betrieb gehen. Bisher sind laut ITER-Konsortium schon rund 78 Prozent der dafür nötigen Arbeiten erledigt, der Zeitplan könnte demnach trotz Corona-Pandemie und den damit verknüpften Verzögerungen eingehalten werden. Zurzeit ist das erste Modul des tausend Tonnen schweren und 18 Meter hohen zentralen Solenoid-Magneten aus den USA nach Frankreich unterwegs – das Herzstück der Anlage.
Geht weiterhin alles glatt, wird 2025 zum ersten Mal ein Plasma in der Vakuumkammer des ITER-Torus erzeugt. Dieser doughnutförmige Ring fasst ein Plasmavolumen von mehr als 800 Kubikmeter – zehnmal mehr als die größten bisher gebauten Fusionsanlagen. Der Grund dafür: Je mehr Plasma komprimiert und auf die nötige Temperatur von 150 Millionen Grad gebracht wird, desto mehr von ihren Elektronen getrennten Atomkerne rasen in der Plasmawolke schnell durcheinander. Das erhöht die Kollisionswahrscheinlichkeit und damit die Zahl der möglichen Kernfusionen und der dadurch erzeugten Energie.
Der „Breakeven“-Punkt
Und genau darauf kommt es an: ITER soll das schaffen, was vor ihm kein anderer Fusionsreaktor auf der Erde geschafft hat: den „Breakeven“-Punkt Q zu erreichen und zu überwinden. Er markiert den Moment, an dem das Plasma in einem Fusionsreaktor genauso viel Energie abgibt wie von außen zu seiner Heizung hineingegeben wird. Diese Schwelle gilt als wichtige erste Hürde auf dem Weg zur Energiegewinnung durch Kernfusion.