In China wirkt sich der weltweite Rückgang von Bestäubern bereits drastisch aus. Vor allem Bienen sind im Reich der Mitte so selten geworden, dass sich das bei den Ernten bemerkbar macht. Längst sind Bienenvölker ein wertvolles Gut, das von Imkern zu kostspieligen Preisen verliehen wird. Mancherorts ahmen Obstbauern in ihrer Verzweiflung inzwischen sogar selbst die Insekten und deren wichtige Arbeit nach: Sie bestäuben ihre Bäume von Hand.
Menschliche Bienen
Über lange Leitern steigen die Landwirte und ihre Arbeiter hinauf zu Apfel- und Birnenblüten, mit einem Pinsel oder Wattestäbchen tupfen sie getrockneten Pollen hinein. Ganze Plantagen werden auf diese Weise befruchtet. Doch so effektiv wie ihre tierischen Vorbilder sind die menschlichen Bestäuber nicht.
Nur etwa dreißig Obstbäume schafft ein geübter Arbeiter am Tag. Ein Bienenvolk bestäubt in derselben Zeit bis zu 300 Millionen Blüten. Für eine nur annähernd vergleichbare Arbeitsleistung müsste ein Bauer mehr als 1.500 Menschen beschäftigen. Mühselig ist die Handarbeit – und teuer.
Technische Helferlein
Aus diesem Grund forschen Wissenschaftler inzwischen an technischen Alternativen zur menschlichen Biene. Sie arbeiten an von der Natur inspirierten fliegenden Robotern, die die Bestäubung künftig übernehmen könnten. Doch die Aufgabe ist knifflig. Denn die Drohnen müssen die Blüten autonom ansteuern, ihren Pollen einsammeln und dabei mit widrigen Wetterbedingungen klarkommen können.
Außerdem dürfen sie die Pflanzen bei dem künstlichen Bestäubungsakt nicht beschädigen. In Laborversuchen klappt das zwar bisweilen schon ganz gut – zum Beispiel mit winzigen Quadrokoptern, an deren Unterseite mit klebrigem Gel beschichtetes Pferdehaar befestigt ist, welches den Blütenstaub einfangen soll. Bei den meisten dieser Entwicklungen wird es jedoch noch dauern, bis sie in der Praxis zum Einsatz kommen.
Schutz für tierische Bestäuber
Doch selbst dann bleibt fraglich, wie gut die Roboter als Ersatz für Bienen und Co taugen. Denn Studien zeigen, dass die Bestäubung durch Maschinen oder per Hand mit deutlichen Nachteilen verbunden ist. Zum einen sinkt im Vergleich zur natürlichen Bestäubung der Ertrag um ein Vielfaches. Zum anderen scheint sich teilweise auch die Nährstoff-Zusammensetzung der Früchte zu verändern: Sie werden ungesünder.
Aussichtsreicher ist nach Meinung vieler Experten ein anderer Ansatz: das Überleben der in Bedrängnis geratenen Bestäuber zu sichern. Im Bereich der extrem von Bienen und anderen Insekten abhängigen Landwirtschaft heißt das zum Beispiel, den Einsatz von Pestiziden zu reduzieren, auf wechselnde Fruchtfolgen statt auf Monokulturen zu setzen und zwischen den Feldern naturnahe Refugien zu schaffen.
Schon kleine Rückzugsräume können die Lebensbedingungen für die tierischen Bestäuber massiv verbessern – vorausgesetzt, sie liegen nicht mehr als einen Kilometer voneinander entfernt und damit in Reichweite der Tiere. „Wir müssen dringend etwas tun, wenn wir auch in Zukunft von den wertvollen Leistungen der Bestäuber profitieren wollen“, betont der Biologe Josef Settele vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung in Halle.
Daniela Albat
Stand: 20.10.2017