13. April 2036. Es ist kein guter Tag für die Erde. Denn der Asteroid Apophis hat 2029 das fatale „Schlüsselloch“ durchflogen und ist seitdem auf Kollisionskurs. 30 Millionen Tonnen geballte Energie rasen mit 12.500 Meter pro Sekunde auf unseren Planeten zu. Irgendwo in Russland, China oder dem Pazifik droht ein kleiner Weltuntergang. Schlägt Apophis auf dem Festland auf, zerstört die 880 Megatonnen starke Explosion hunderte von Quadratkilometern Land, trifft er das Meer, verwüstet ein Tsunami die Küsten des Pazifik.
Sehr wahrscheinlich ist dieses Szenario nicht, aber auch nicht ausgeschlossen. Was aber, wenn es Wirklichkeit zu werden droht? Welche Möglichkeiten gibt es, die Katastrophe zu verhindern? Bruce Willis anrufen und ihn und seine tapferen „Armageddon“-Mannen zum Asteroiden schicken? Wohl kaum. Brachiale Gewalt im letzten Moment schadet mehr als dass sie nutzt, darin sind sich die Asteroiden-Experten einig. Sie haben schon längst erforscht, geplant und berechnet, was und wann im Ernstfall getan werden müsste.
Nur ein kleiner Schubs…
Am besten ist die sanfte Tour: Winzige Kurskorrekturen des 300-Meter Brockens lange vor dem potenziellen Einschlagstermin, und dies am besten sogar vor dem kritischen 2029-Termin. Dann reicht unter Umständen schon eine Verschiebung der Zielellipse um zehn Kilometer. Die Kosten für eine solche Abwehrmission wären entsprechend niedrig. Gerade mal 400 Millionen US-Dollar würde es kosten, rechnete NASA-Forscher Donald Gennery auf der Planetary Defense Conference im Jahr 2007 vor.
Würde die Mission schon im Jahr 2021/22 stattfinden, müsste man die Geschwindigkeit des Asteroiden nur um winzige 0,01 Millimeter pro Sekunde ändern. Ein winziger „Schubs“ in die richtige Richtung wäre schon genug. Denn Apophis legt dann bis 2029 noch neun Umläufe um die Sonne zurück, in deren Verlauf sich die Wirkung dieser Änderung potenziert.
Modell „Deep Impact“
Eine Sonde von 40 Kilogramm – mehr bräuchte es mit der Methode des „kinetischen Impakts“, dem Rammen des Asteroiden, nicht. Umgesetzt hat die NASA eine solche Mission längst, im Sommer 2005. Damals flog die Raumsonde „Deep Impact“ 133 Millionen Kilometer weit zum Kometen Tempel-1 und setzte ein 372 Kilogramm schweres Projektil frei, das auf dem Kometen einschlug. Damals ging es zwar weniger um eine Bahnänderung als vielmehr um die Erforschung der Kometeneigenschaften, aber das technische Prinzip ist das gleiche. Noch bis spätestens 2026, so kalkulierte das „Don Quijote“-Team der ESA, könnte eine solche Ramm-Mission ausreichen.
An der langen Schwerkaft-Leine
Doch es geht auch viel sanfter: Komplett ohne Berührung kommt eine schon im September 2005 in „Nature“ vorgestellte Methode aus, der „Gravitations-Traktor“. NASA-Forscher Edward Lu vom Johnson Space Center erklärt das Vorgehen so: „Unsere Alternative ist ein Raumschiff, das einfach über der Oberfläche von Apophis schwebt. Die Sonde zieht den Asteroiden mit keiner physikalischen Verbindung zwischen ihnen außer der Gravitation als Leine.“
Das klingt zwar wie Science-Fiction, ist aber solide Wissenschaft. Grundprinzip dieser Technologie ist die gegenseitige Anziehung von Objekten großer Masse. Bleibt eines der Objekte dabei fest in seiner Position, zieht es das andere unmerklich aber stetig zu sich hin. In eine Asteroidenmission übersetzt heißt dies: Eine schwere Raumsonde positioniert sich dicht über der Oberfläche von Apophis, auf der Seite, in die der Asteroid abgelenkt werden soll. Mit Hilfe von Steuerdüsen sorgt die Sonde dann dafür, dass ihr Abstand ständig gleich bleibt. Nach einer gewissen Zeit hat allein ihre Präsenz gereicht, um eine messbare Veränderung von Apophis‘ Flugbahn zu bewirken. Noch vor 2029 durchgeführt, wäre schon ein nur eine Tonne schweres Raumschiff mit konventionellem chemischen Antrieb und rund 0,1 Newton Schub dafür völlig ausreichend. Nur einen Monat bräuchte es dann, um Apophis genügend abzulenken.
Nadja Podbregar
Stand: 29.01.2010