„… Wasser wird mehr und mehr zu einem strategischen Gut. Wer im 21. Jahrhundert Zugang dazu hat, ist im Vorteil: politisch, wirtschaftlich und sozial. Wasser ist wichtiger als Öl. Wasser ist durch nichts zu ersetzen. …
… Die semi-ariden Gebiete machen etwa ein Drittel der Erdoberfläche aus. Schon geringe Änderungen des Wasserhaushalts können dort Feldbau und Tierhaltung unmöglich machen und damit zu verheerenden Folgen für die Ernährungssicherheit führen. In Afrika südlich der Sahara ist die chronische Wasserknappheit eine Geißel, die Fortschritt und Entwicklung verhindert. Dort, aber auch im Nahen und Mittleren Osten und in Zentralasien müssen immer mehr Menschen mit immer weniger Wasser auskommen.
Längst geht es nicht mehr nur um die Sicherung des Grundbedarfs. Es geht in vielen Teilen der Welt um die Behebung eines akuten Mangels. Es geht um die Abwendung der daraus folgenden Gefahren für den inneren und äußeren Frieden.
Das besondere Dilemma: Wasser ist ungleich verteilt. Wasserreichtum und Wasserknappheit liegen oftmals nahe beieinander: innerhalb von Staaten, aber auch zwischen Staaten. Sie kennen die Bilder aus dem Flugzeug: Stundenlang fliegt man über Wüste und unfruchtbares Land und plötzlich wird alles grün: es gibt Wasser!
Viele Länder leben heute über ihre Wasser-Verhältnisse. Ihr Verbrauch, angetrieben von einer wachsenden Bevölkerung und von wirtschaftlichem Fortschritt, übersteigt die Regenerationsfähigkeit bei weitem. Nur die wenigsten Staaten können sich moderne Technologie zur Wasseraufbereitung oder zum Wasserimport leisten. Verteilungskonflikte bleiben nicht aus; die Kontrolle über Wasser wird zu einem Instrument politischer Machtsicherung.
Ressourcenverknappung und die damit einhergehende Zerstörung der natürlichen Lebensgrundlagen führen zu inneren Spannungen. In der Krisenregion der Großen Seen geht es nicht nur um ethnische Auseinandersetzungen; wir erleben dort einen massiven Verdrängungswettbewerb bei den Anbau- und Weideflächen. Im Extremfall kann eine Gemengelage entstehen, die zur Erosion der Nationalstaaten führt und den Weg für autoritäre politische Regime ebnet. Agressivität und völkerrechtswidriges Verhalten, nach innen und außen, ist dann nicht mehr weit.
Ein außenpolitisches Konfliktpotential liegt in der ungeregelten Nutzung grenzüberschreitender Gewässersysteme. Wegen zunehmender Übernutzung und Verschmutzung des Grundwassers muß immer mehr auf Oberflächenwasser zurückgegriffen werden. Weltweit gibt es 214 solcher grenzüberschreitender Gewässersysteme. Zwei Drittel davon unterliegen bereits kooperativen Regelungen zwischen den Anrainern. Dennoch ist es eine Versuchung, Wasservorräte in Ausübung nationaler Souveränität für die eigenen Interessen auszubeuten. Ein rücksichtsloser Raubbau nutzt jedoch niemandem. Dies gilt für das knappe Gut Wasser ebenso wie für andere knappe Ressourcen. Kurzfristige Wohlstandsgewinne werden durch langfristige Sicherheits- und Destabilisierungsrisiken bei weitem aufgefressen.
Besonders konfliktträchtig ist die Wasserfrage im Nahen Osten. Dort ist Wasser eng mit territorialen Fragen verflochten. Die Wasservorkommen von Jordan und Jarmuk sind für Israel und seine arabischen Nachbarn von existentieller Bedeutung. Ohne dauerhafte Einigung in der Wasserfrage wird es keinen verläßlichen Frieden zwischen Israel und seinen arabischen Nachbarn geben. Die Fortschritte, die zwischen den beteiligten Seiten bislang erzielt wurden, geben Anlaß zu vorsichtigem Optimismus. …
… Es darf keinen Kampf und keinen Krieg um Wasser geben. Der Wettlauf um Wasser muß friedlich ausgetragen werden. Dies ist die zentrale Botschaft, die von unserer Tagung ausgehen muß! …“
Stand: 26.05.1999