Meeresströmungen und das „Huckepackverhalten“ von Wellen können vielleicht erklären, warum bei schwerem Seegang Freak Waves entstehen. Warum aber türmt der Ozean manchmal bei ruhigem Wetter urplötzlich Berge aus Wasser auf?
Bengt Fornberg und Benjamin White von der University of Colorado at Boulder bzw. von Exxon Research and Engineering Co. lieferten bereits 1996 anhand eines mathematischen Modells auch hierfür eine erste Erklärung. Nach ihren Ergebnissen können Meeresströmungen oder riesige Felder von zufälligen Wirbeln und Strudeln die Meereswogen so „konzentrieren“, dass daraus auch bei ansonsten ruhigem Seegang Riesenwellen entstehen. So wie die optische Linse das einfallende Licht fokussiert, wird auf diese Weise hier die Kraft der Wellen gebündelt.
Doch trotz aller Forschungserfolge sind die Ursachen von Freak Waves noch längst nicht geklärt. Spezielle Wasserschichtungen im Ozean, Strömungen in der Welle selbst, sogar die Chaostheorie werden heute ebenfalls von Wissenschaftlern in die Waagschale geworfen, um das Phänomen der Riesenwellen zu erklären.
Dem Schiff samt Besatzung, das auf eine Freak Wave trifft, dürfte ohnehin „egal“ sein, warum diese Wasserwand dort lauert. Sie interessiert viel mehr, welche unmittelbaren Gefahren jetzt auf sie warten. Auch auf diese Frage haben die Wissenschaftler von MaxWave mittlerweile eine Antwort gefunden. Durch Simulationen im Wellenkanal und anhand von Augenzeugenberichten konnten sie typische Szenarien entwerfen, die bei der Kollision von Schiffen mit einer Freak Wave ablaufen.
Bei Frachtschiffen – so haben die Forscher entdeckt – bieten vor allem die Ladeluken den Monsterwellen immer wieder den entscheidenden Angriffspunkt. Durch die Wucht der Brecher oder das Gewicht der über das Deck spülenden Wassermassen werden diese Konstruktionen eingedrückt wie Pappkartons. Innerhalb von Sekunden läuft dann der Frachtraum voll und das Schiff versinkt in den Fluten.
Andere Gefahren lauern dagegen bei Kreuzfahrschiffen oder Fähren. Dort wird die im vorderen Teil des Schiffes liegende Brücke zuerst von dem Brecher einer Freak Wave getroffen. Die Gewalt der Wassermassen zerschlägt die Fenster der Kommandozentrale, wodurch kübelweise Wasser in das Innere der Brücke gelangt. Elektrischen Geräte und meist auch die Maschine werden in Sekundenschnelle durch Kurzschlüsse außer Gefecht gesetzt und das Schiff ist manövrierunfähig dem tobenden Meer ausgeliefert. Viele Unglücke – so die Ergebnisse der Forscher – ließen sich verhindern, wenn die Scheiben der Brücke nicht wie bisher üblich von innen montiert, sondern von außen auf den Rahmen aufgesetzt würden.
Stand: 04.11.2002