Während bei AIDS die Anzahl von Lymphocyten abnimmt, tritt bei Leukämie das andere Extrem auf: im Knochenmark kommt es zu einer unkontrollierten Vermehrung von einer oder mehreren Arten weißer Blutkörperchen, die jedoch nicht funktionstüchtig sind. Bei der akuten lymphatischen Leukämie beispielsweise sind die Vorläufer der späteren Lymphocyten betroffen, bei der myeloischen Leukämie sind es die Granulocyten. Ausgelöst wird die Entartung durch DNA-Mutationen in den Stammzellen. Da die veränderten Zellen ins Blut ausgeschwemmt werden, siedeln sie sich in verschiedenen Organen an. Gleichzeitig verdrängt die Masse an Leukämiezellen im Knochenmark die Stammzellen, aus denen sich alle anderen Blutzellen entwickeln. Das stört die normale Blutbildung und es entsteht schließlich ein Mangel an allen Blutzellen. Typische Symptome der Leukämie sind Müdigkeit, Blässe, erhöhte Anfälligkeit für Infektionen und Neigung zu Blutungen.
Um Leukämie zu behandeln setzen Mediziner derzeitig Chemotherapie und Stammzellentransplantationen ein. Ziel der Chemotherapie ist es, Zellwachstum und Zellteilung der Krebszellen durch schwere Medikamente zu stoppen. Leider schädigen diese Zytostatika nicht nur das bösartige Gewebe, sondern ziehen auch gesunde Organe in Mitleidenschaft. Die Patienten leiden dann oft unter schlimmen Nebenwirkungen wie Übelkeit, Schleimhautentzündungen und Haarausfall.
Die fieberhafte Suche nach neuen Heilmethoden
Da eine Knochenmark- oder Stammzellentransplantation für den Empfänger immer ein riskanter Eingriff ist, sind neue Therapien dringend erforderlich. Die Forschung konzentriert sich zur Zeit darauf, effektive Angriffsstellen zu identifizieren.
Eines dieser potentiellen Ziele für neue Medikamente ist zum Beispiel das Enzym hDOT1L, das Gene aktiviert, die eine Schlüsselrolle bei der Entstehung von Leukämie spielen. Forscher der Universität von North Carolina haben im April 2005 entdeckt, dass dieses Enzym nicht nur für die Umwandlung der Knochenmarkzellen in unkontrolliert wachsende Leukämiezellen erforderlich ist, sondern auch, dass es aktiv sein muss, damit dies so bleibt. „Das bedeutet, wenn wir einen Weg finden, um die Aktivität des Enzyms hDOT1L zu unterbinden, könnten dadurch die betroffenen Zellen von Leukämie Patienten abgetötet werden“, sagt Yi Zhang, Leiter der Studien.
Bei den Wissenschaftlern des St. Jude Children’s Research Hospitals stehen die Killerzellen des Immunsystems im Mittelpunkt der Forschung. Im März 2005 gelang es ihnen, mithilfe von genetischen Modifizierungen Killerzellen im Labor zu kultivieren, die in der Lage sind, Leukämiezellen zu beseitigen. Mit dieser Methode hoffen die Forscher, die Heilungschancen bei verschiedenen Krebsarten, vor allem der akuten lymphatischen Leukämie bei Kindern zu verbessern.
Doch es gibt auch noch andere Methoden, um die Leukämiezellen unschädlich zu machen. Forscher der Universität Rochester entdeckten im Februar 2005, dass ein Inhaltsstoff des Mutterkrauts eine tödliche Wirkung auf Leukämiezellen hat. Anders als bei den herkömmlichen Medikamenten, die sich bisher auf dem Markt befinden, werden die normalen Zellen dabei verschont. Nachdem die Forscher den Reaktionsweg des Wirkstoffs aufgedeckt haben, der mit dem Zelltod endet, steht der Entwicklung einer neuen Therapie nichts mehr im Wege.
Über die Ursachen der Leukämie sind sich die Forscher immer noch nicht eindeutig im Klaren. Besonders gefährdet sind vor allem Personen, die ionisierenden Strahlen wie UV-Strahlen, Röntgen- und radioaktiver Strahlung ausgesetzt waren. Aber auch Chemikalien wie Zytostatika und Benzol sowie Defekte im Immunsystem können die Krankheit auslösen. Die Veranlagung kann aber auch genetisch bedingt sein.
Stand: 20.05.2005