Schimpansen widmen sich gerne und ausgiebig der gegenseitigen Fellpflege. Dabei geht es keineswegs nur darum, Schmutz und lästiges Ungeziefer loszuwerden. Das teils stundenlange Ritual des Lausens – auch Grooming genannt – fördert die Entspannung und hat eine wichtige soziale Bedeutung. Es dient dazu, Freundschaften zu pflegen, Allianzen zu schmieden und sich die Unterstützung von Gruppenmitgliedern zu sichern. Die gegenseitige Fellpflege ist daher auch eine wichtige Strategie zum Machterhalt.
Einmal die Woche ist Kraulen angesagt
Wie die Max-Planck-Forscher an den Schimpansen im Taï-Nationalpark beobachtet haben, lausen sich die Partner im Durchschnitt alle sieben Tage. Dabei ist die Zeit, die jeder für die Pflege des Anderen aufwendet, über einen längeren Zeitraum hinweg betrachtet sehr ausgeglichen. Die Tiere revanchieren sich also bei allen ihren Partnern langfristig für die Fellpflege und können sich weit länger als eine Woche daran erinnern, wem sie noch einen Gefallen schulden. Wie wir Menschen erinnern sich auch Schimpansen an Begegnungen in der Vergangenheit.
Aber nicht nur bei der Fellpflege herrscht in der Schimpansengemeinschaft ein Geben und Nehmen. So unterstützen die Taï-Schimpansen etwa jene Partner bei aggressiven Auseinandersetzungen, die ihnen zuvor geholfen haben. Ein erwiesener Gefallen muss nicht immer mit gleicher Münze zurückgezahlt werden. Das führt zu einem regen Handel: Die Tiere erkaufen sich Unterstützung bei Auseinandersetzungen mit Fleisch, oder sie tauschen Fleisch gegen Sex. Sowohl Männchen als auch Weibchen handeln mit verschiedenen Waren oder Diensten. Langfristig ist das Konto dabei ausgeglichen, so dass alle etwas davon haben. Das führt zu stabilen Beziehungen in der Gemeinschaft.
Mehr Kuschelhormon durch Fellpflege
In einer Studie an wildlebenden Schimpansen im Budongo-Forest Reserve in Uganda wollten die Max-Planck-Forscher herausfinden, wie sich die gegenseitige Fellpflege auf die Ausschüttung des Hormons Oxytocin auswirkt. Die Substanz stärkt soziale Bindungen. Dabei machten sich die Wissenschaftler zunutze, dass Oxytocin nun auch im Urin von Menschen und Menschenaffen gemessen werden kann.
Wie sie herausfanden, führen einige Minuten an Fellpflege tatsächlich zu einer erhöhten Oxytocinkonzentration im Urin. Allerdings ist der Effekt stark von der Identität des Fellpflegepartners abhängig. Ist der Partner ein Tier, mit dem eine enge Beziehung unterhalten wird, dann steigt das Hormon stärker an, und zwar unabhängig davon, ob die beiden Schimpansen verwandt sind oder nicht. Die Oxytocinausschüttung ist also generell umso höher, je näher sich die Tiere stehen.
Elke Maier / Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie
Stand: 03.05.2013