Wie bei jeder Reise in unbekanne Welten gab es auch in jenem Land, in dem die Atom-Winzlinge Riesen sind, völlig Neues zu entdecken. Eine große Überraschung für die Pioniere, die erstmals in atomare Dimensionen verstießen, war die Feststellung, dass die Oberfläche von Festkörpern, zum Beispiel Metallen, nicht statisch ist“, sagt Professor Harald Ibach, Direktor des Instituts für Grenzflächenforschung und Vakuumphysik im Forschungszentrum Jülich.
Die Oberfläche von Festkörpern ist ständig in Bewegung. Je höher die Temperatur, desto heftiger die Bewegung. Nicht nur einzelne Atome sind mobil, ganze Atomlagen wachsen oder zerfallen je nach Temperatur und Angebot an Ausgangsmaterial. Metalle zum Beispiel wachsen anfänglich in Form von Inseln, die sich dann – über seitlichen Materialaustausch – zu ganzen Lagen zusammenschließen. Falls die Metallatome Mangelware sind, zerfallen die Inseln auch wieder zugunsten von größeren. Die Großen fressen die Kleinen.
Aber auch im Gleichgewichtszustand ist die Oberfläche ständig bewegt: Von den Inselrändern dampfen selbst bei Raumtemperatur ständig Atome ab, gleichzeitig schlagen sich andere nieder. Der Rand einer Kupferinsel erscheint dadurch im Mikroskop unscharf. Dieses Verhalten von Atomen im Vakuum ist auch ein Grund dafür, dass gekühlte Proben zu schärferen Aufnahmen führen. Kühlen heißt – physikalisch gesehen – Energie entziehen: Die Atome haben dann nicht mehr genug Energie um den lnselrand zu verlassen, sie müssen bleiben wo sie sind.
Wie die atomaren Lagen wachsen, ist von vielen Faktoren abhängig. Einer ist die Verfügbarkeit des Stoffs. Ist zum Beispiel das Kupferangebot entlang einer „Stufe“ eingeschränkt, dann bildet sich keine gerade Kante, sondern eine wellenförmige Struktur. Schräge Anschnitte einer Kupferoberfläche erscheinen im Tunnelmikroskop als eine Art Wasserfall.
Stand: 04.02.2001