Im Jahr 1988 veröffentlichte die amerikanische Meeresforschungsbehörde NOAA eine Studie, in der sie aufgrund verschiedener Müllfunde zwischen Japan und Alaska die Entwicklung eines riesigen Müllstrudels im Pazifik feststellte. Angetrieben durch die Meeresströmung im Pazifik würde sich ein gigantischer Strudel aus Zivilisationsmüll entwickeln, der von den Küsten nach und nach aufs offene Meer hinausgetrieben werde, so die Wissenschaftler damals.
Ein Problem formiert sich
Messstationen an verschiedenen Stellen des Pazifik zwischen Japan und der amerikanischen Westküste hatten zum Teil Konzentrationen von mehr als 300.000 Stück Plastikmüll pro Quadratkilometer gefunden, die meisten relativ klein und leicht, aus Styropor oder Polypropylen, und deshalb an der Oberfläche. Unsicher sei man sich noch über die Auswirkungen von Müllansammlungen am Meeresboden, da größere und schwerere Teile absinken würden.
20 Jahre später ist dieser Müllstrudel als „Great Pacific Garbage Patch“ bekannt, mit der Größe von Mitteleuropa und einer Menge von geschätzten 100 Millionen Tonnen Plastikmüll, die auf der Meeresoberfläche treiben – winzige, zerschredderte Plastikpartikel, Einkaufstüten, Trink- oder Shampoo-Flaschen, Lebensmittelverpackungen. Die Herkunft: Japan, Korea, China, Kanada, USA, alle Länder an den Küsten des Pazifiks. Nur etwa 20 Prozent des Mülls sind direkte Hinterlassenschaften von Schiffen.
Frühe Zeugen
Doch mittlerweile ist klar – nicht nur der Pazifik ist von einem solchen Müllproblem betroffen. Auch in der Sargasso-See, eingefasst von den nordatlantischen Strömungen, zwischen der amerikanischen Ostküste und der europäischen westlichen Atlantikküste, gibt es einen Müllstrudel. Bereits im Jahr 1972 hatte das Wissenschaftsmagazin „Science“ einen Artikel mit dem Titel „Plastik an der Oberfläche der Sargasso-See“ veröffentlicht. Forscher der Woods Hole Oceanographic Institution in Massachusetts hatten damals dem Golfstrom folgend Plastik aus dem Meer gefischt und akribisch gezählt und ausgewogen. Bis zu 12.000 Plastikpartikel und fast zwei Kilogramm pro Quadratkilometer fanden sie.
Wieviel Plastikmüll heute in der Sargasso-See herumschwimmt, ist nicht sicher. Denn weil der pazifische Müllstrudel derzeit noch das größere Problem darstellt, bekommt er auch mehr Aufmerksamkeit.
Forschungsdefizit in der Sargasso-See
Holly Bamford, Direktor des Marinen Müll-Programms von NOAA, räumt ein, dass die Umweltschäden im Pazifik derzeit noch als größer eingeschätzt werden. „Bisher wurde vor allem in der Nordpazifischen Subtropischen Konvergenzzone geforscht, einem für Müllansammlungen besonders bekannten Gebiet. Außerdem scheint der Pazifik aufgrund der zahlreichen geschützten Arten des Hawaii-Archipels eine größere Priorität zu haben.“
Dennoch heiße das nicht, so Bamford, dass das Müllproblem im Atlantik nicht existiere. Es gäbe bereits Forschungen zu den Auswirkungen des Mülls auf Seeschildkröten und Seevögel. „Dennoch,“ so gibt sie zu „besteht ein Mangel an Literatur zum Müllproblem im Atlantischen Ozean“.
Denn eines ist sicher, für Tiere, die an verschluckten Plastikteilen verenden oder sich in Plastikmüll verheddern und ertrinken, für Seetang und Plankton, die durch die chemische Zusammensetzung des Zivilisationsmüll in Mitleidenschaft gezogen werden, ist es egal, ob dies im Pazifik oder im Atlantik passiert. Bezüglich des Müllproblems ist offenbar in beiden Weltmeeren Gefahr in Verzug.
Stand: 26.06.2009