Fleischfressende Pflanzen sind dafür bekannt, dass sie sich von Insekten ernähren können. Das ist besonders hilfreich, um Nährstoffe nicht nur über die Wurzeln, sondern auch über die Blätter aufzunehmen. In einigen Fällen gehen diese Pflanzen aber zusätzlich Beziehungen mit tierischen Helfern ein, die ihnen noch mehr Vorteile verschaffen – sie bilden eine Symbiose.
Natürlicher Dünger
Die sogenannten Taupflanzen oder auch Wanzenpflanzen genannt (Roridula) fangen mit ihren klebrigen Blättern zwar auch Insekten, jedoch versorgen sie sich damit nicht selbst, sondern spezialisierte Wanzen der Gattung Pameridea. Diese leben auf der Pflanze. Im Falle mangelnder Beute bedienen sich die Bewohner der Taupflanzen sogar von deren Pflanzensäften.
Das aber ist nicht ohne einen Profit für die Pflanze: Die Ausscheidungen der Tiere dienen ihr als Dünger. Über die äußerste Blattschicht nehmen die Pflanzen diesen Dünger auf und nutzen so indirekt die Nährstoffe ihres eigenen Fangs. Aber wie konnte sich dieser Umweg über die Wanzen als evolutiv vorteilhaft herausstellen? Der Vorteil liegt in der Tatsache, dass die Nährstoffe durch die Passage durch den Wanzendarm gewissermaßen vorverdaut sind. Im Vergleich zu anderen pflanzlichen Fleischessern decken die Wanzenpflanzen auf diesem Wege einen Höchstwert von bis zu 70 Prozent ihres Stickstoffbedarfs. Außerdem dienen die Wanzen zusätzlich als Bestäuber der Pflanzen.
Aber warum kleben die Wanzen nicht an den Blättern? Forscher konnten nachweisen, dass diese Symbiose zustande kommen kann, weil die Wanzen am ganzen Körper mit einer Sekretschicht bedeckt sind. Diese dicke Schmiere auf ihrem Außenskelett wirkt wie eine „Antihaft“- Schicht.
Nistplatz gegen Nährstoffe
Eine ähnliche Symbiose hat sich in den nährstoffarmen Wäldern der südostasiatischen Insel Borneo gebildet: Die Ameisenart Camponotus schmitzi lebt dort in einer insektenfressenden Kannenpflanze (Nepenthes) – in beidseitigem Interesse. Belege dafür fanden Wissenschaftler, als sie das Wachstum von Kannenpflanzen mit und ohne symbiotische Beziehung verglichen.
Das Ergebnis: Die Pflanzen, in denen Ameisen wohnten, wiesen mehr und größere Blätter auf, sodass damit ihre Photosyntheseleistung erhöht wurde. Auch die Anzahl der Kannen stieg an. Darüber hinaus unterstützen die Ameisen durch ihre Ausscheidungen den Nährstoffgehalt und decken bis zu 76 Prozent des pflanzlichen Stickstoffbedarfs.
Und auch die Ameisen profitieren: Sie sind in der Lage, unbeschadet in der Verdauungsflüssigkeit der Kannen zu schwimmen und die Beute zu attackieren, die in die Fallgrube der Pflanze fällt. Sie ernähren sich teilweise von den Insekten sowie vom Pflanzennektar und hinterlassen der Pflanze ihren Kot. Die Kannenpflanze eignet sich auch als sicherer Nistplatz, der die Ameisenkolonie vor Fressfeinden schützt.
Appetit auf Kot
Auch größere Tiere wissen die Kannenpflanzen für sich zu nutzen: Hardwicke- Wollfledermäuse (Kerivoula hardwickii) finden ebenfalls in ihnen Unterschlupf. In den Insektenfallen der Kannenpflanze Nepenthes hemsleyana können sich die Flattertiere problemlos festhalten, ohne in das Verdauungssekret zu fallen. Die Temperatur in den Blättern und der Schutz vor Parasiten und Regen sind vielversprechende Bedingungen für einen Schlafplatz.
Und welchen Vorteil hat die Pflanze davon? Die Forscher um Caroline und Michale Schöner von der Universität Greifswald fanden heraus, dass diese Kannenpflanzenart eine ziemlich schlechte Falle für Insekten ist. Dann wurde klar: Sie hat sich auf anrüchige Nahrung spezialisiert – sie gewinnt Nährstoffe aus dem in der Kannenflüssigkeit hinterlassenen Fledermauskot. Die Nahrung ist die „Bezahlung“ der Fledermäuse für den sicheren Schlafplatz.
Aber wie finden die nachtaktiven Fledermäuse ihre Mietwohnungen? In der Nacht orientieren sich Fledermäuse über ihre Echoortung und suchen damit in der Dämmerung nach einem Schlafplatz. Untersuchungen zeigten, dass die speziellen Kannen der Pflanze eine Struktur in der Rückwand aufweisen, die die Ultraschallrufe der Fledermäuse stark reflektiert. Verhaltensversuche ergaben schließlich, dass diese Schallreflektoren der Wegweiser zu den Pflanzen sind. Diese Struktur fehlt bei allen anderen Kannenpflanzenarten, die nicht an Fledermäuse „vermieten“. Bei der Beziehung zwischen den Fledermäusen und den fleischfressenden Pflanzen handelt es sich demnach um eine seltene Symbiose.